Im Februar 2010 habe ich mich entschlossen, nach meinem Abitur ein Jahr lang einen Weltwärtsdienst in Tansania abzuleisten. Unterstützt von der Deutsch-Tansanischen-Partnerschaft werde ich dabei ein Jahr lang in Kyela, Südwest-Tansania verbringen und in der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Mikrokredite mit dem Schwerpunkt auf Erneuerbare Energien arbeiten.
Viel Spaß beim lesen meiner Einträge!

Sonntag, 28. November 2010

Weihnachtsstimmung

Wer mich kennt, der weiß, dass ich im Grunde genommen nur ein kleines verspieltes Kind in einem viel zu langen Körper bin. Und da Weihnachten bei kleinen Kindern natürlich besonders beliebt ist, möchte ich mein Weihnachten hier natürlich so gut es geht genießen. Am schönsten an Weihnachten ist ja häufig die Vorweihnachtszeit. Man isst leckere Plätzchen, hört die erste Weihnachtsmusik um ist froh über jeden heißen Tee den man trinken kann, wenn man nachmittags um vier im Dunkeln und von Schneeregen durchnässt nach Hause kommt.
Moment mal, Schnee, Kälte? Da passt was nicht. Hier esse ich Mangos anstatt Plätzchen, höre ständig tansanischen Hip-Hop, und ich bin froh über ein kaltes Getränk, wenn ich nachmittags um vier in der prallen Sonne, vom Schweiß durchnässt nach Hause komme.
Irgendwie sagt mein Verstand mir also: Hey, es ist überhaupt kein Weihnachten.
Doch da das kleine Kind in mir natürlich unbedingt Weihnachten wie zu Hause will, versuche ich, soviel weihnachtliches von zu Hause wie nur geht hier einzuführen.
Zum Glück denkt Jonas da genau so und deshalb haben wir unser Großprojekt gestartet: Der tansanischen Bevölkerung die deutschen Weihnachtssitten und -gebräuche beizubringen.
Hier unsere ersten beiden Schritte:
1)Bachs Weihnachtsoratorium am ersten Advent. Na gut, zugegeben, das Oratorium sollte eigentlich erst an Heiligabend beginnen, aber zu Hause läutet der erste Advent seit jeher die Weihnachtsoratoriumszeit ein. Also habe ich mir heute Morgen noch schnell eine Aufnahme von „Jauchzet frohlocket“ aus dem Internet heruntergeladen und so gab es heute zur Ausnahme mal „Beats“ von der Pauke.
2)Kein Advent ohne Adventskranz. Hier gibt es zwar keine Nadeln, aber Jesus hatte damals ja auch keine Tannenzweige, von daher erschienen uns Palmenblätter ein bisschen origineller...



Soda

Hält man hier in Kyela Ausschau nach westlichen Markenprodukten hat man eigentlich keine Chance. Klamotten werden entweder selbst genäht oder sind Second-Hand-Ware. In Sachen Autos fahren die Tansanier hier vornehmlich asiatische Marken, ein europäisches Auto habe ich hier noch nicht gesehen. Chinesische Autos gelten als Ramsch, japanische als qualitativ hochwertig. Das selbe gilt für allerhand technische Geräten wie Fernseher, DVD-Player oder Radio.
In einem Bereich muss man jedoch ganz und gar nicht auf Westliche Marken verzichten, und dass ist bei den Getränken.
Neben Mangos sind Sodas (Der Sammelbegriff für Limonaden) hier die absoluten Verkaufsschlager. Und nicht nur hier in Kyela, in jedem noch so kleinen Dorf gibt es Soda und wenn keine Straße zu dem Dorf führt, werden die Kästen eben vom Schiff auf dem Nyassasee gebracht.
Wirklich überall begegnet man ihnen. Fährt man mit einem Pick-Up mit, sitzt man auf einer vollen oder leeren Kiste Soda, auf der Straße kommen einem rieisge Laster oder Fahrräder mit 3 oder mehr Kästen auf dem Gepäckträger entgegen, an jeder Straßenecke werden Sodas gekühlt verkauft und wenn man irgendwo zu Gast ist bekommt man natürlich als erstes erst einmal eine gekühlte Soda geschenkt.
Cola, Fanta, Sprite, Pepsi und 7up sind zwar nur in 350 ml Glasflaschen zu haben, dafür kann sie sich aber auch jeder Tansanier leisten. (1 Flasche etwa 25 Eurocent).
Eine Soda ist hier bei dem heißen Wetter also die perfekte Abkühlung für zwischendurch.
Fast noch besser als die herkömmlichen Marken wie Coka Cola sind aber die tansanischen Limonaden. Es gibt Ananas und Mangolimonade, aber auch die Tangawizilimonade (Ingwer) sollte man mal probiert haben, wenn man hier gewesen ist.

Da wir hier nun bald sogar unseren eigenen Kühlschrank bekommen, denke ich nicht, dass mein Limonadenkonsum in der nächsten Zeit nachlassen wird...

Hamna Umeme - Umeme umerudi!

Was in Deutschland so gut wie unmöglich ist erlebe ich hier mittlerweile jeden Tag: Stromausfall. Umeme umekatika, hamna Umeme!
Morgens ist der Stromausfall eigentlich überhaupt kein Problem. Da es ab 6 hell wird bin ich um 7 wenn ich aufstehe nicht mehr auf elektrisches Licht angewiesen., verschlafen kann ich nicht weil mein Handy und nicht ein elektrischer Wecker klingelt und Frühstück bekomme ich trotzdem, da der Tee über Holzkohle und nicht auf einem elektrischen Herd zubereitet wird. Meist merke ich also überhaupt erst, das Stromausfall ist, wenn ich losfahre und ich auf dem Weg zur Arbeit nicht ständig von allen Seiten Kyela FM höre.
Auf dem Büro sieht es da schon deutlich schlechter aus. Im Büro wird es stickig weil der Ventilator nicht mehr geht und vor allem fällt die Arbeit am Computer flach. Entweder nutzen die Kollegen also die Chance Credit Councils zu besuchen, oder sie setzen sich einfach vor das Büro in den Schatten und warten, bis der Strom zurückkommt.
Nachmittags zu Hause ist der Stromausfall auch nicht besonders schlimm. Anstatt E-Mails zu schreiben oder zu lesen fährt man dann eben zu Freunden oder setzt sich mit einem Buch in den Schatten.
Abends führt der Stromausfall meist dazu, dass man früher ins Bett geht. Mit Hilfe einer Lampe kann natürlich noch gelesen werden, aber da es bereits um 7 dunkel ist, macht man das auch nicht den ganzen Abend. Der Fernseher läuft nicht und auch die Musikanlage steht zur Abwechslung mal still.Gegessen wird bei den Schein einer Petroleumlampe. Das einzige was ein wenig ungewohnt ist, ist das Duschen mit Taschenlampe, aber auch daran kann man sich gewöhnen.

Kommt der Strom zurück, herrscht dann ein großes Geschrei der Kinder auf der Straße: Umeme umerudi! Kuna Umeme! Wenn es nicht gerade Abend ist, merkt man es meist am ersten an diesem Geschrei.
Da mittlerweile fast schon jeden Tag der Strom ausfällt habe ich mich schon daran gewöhnt und mich damit abgefunden. Mal fällt er nur für eine halbe Stunde aus, mal den ganzen Tag.
Doch trotzdem ertappe ich mich noch einige Male dabei, auch bei Stromausfall zu versuchen, mein Licht im Zimmer anzumachen.
Alles in allem ist ein Stromausfall hier also kein Problem, doch jetzt stellt euch mal einen Tag in Deutschland ohne Strom vor... quasi unvorstellbar.

Freitag, 26. November 2010

EIne Bilanz

Nachdem ich nun 100 Tage hier in Tansania bin halte ich es für den richtigen Zeitpunkt, ganz wie die Regierungskoalitionen, eine Zwischenilanz zu ziehen, die aber natürlich besser ausfallen wird, als die unserer derzeitigen Schwarz-Gelben Regierung.


  1. Sprache: „Um Kiswahili zu lernen braucht man etwa 3 Monate!“, so wurde es uns noch auf dem Sprachkurs erzählt, und bei mir traf diese Voraussage ziemlich genau zu. Seit meiner Ankunft hier in Kyela habe ich mich nur auf Kiswahili unterhalten, und das hat sich bezahlt gemacht. Wenn ich weiß oder erahnen kann, worum es geht verstehe ich sogar große Teile von fremden Gesprächen. Mit Freunden, Gastgeschwistern, Gasteltern, Kollegen, Nachbarn und Kunden kann ich mich schon gut unterhalten. Wenn ich ein Wort mal nicht verstehe, dann verstehe ich die Beschreibung auf Kiswahili und so werden auch mal interessantere Themen als das Wetter hier und in Deutschland behandelt.

    Außerdem kann ich Leute auf Kinakyusa, der Stammessprache hier, grüßen.

  2. Familie: In meiner Familie fühle ich mich wohl. Dabei übernehmen meine Gasteltern die Rolle der lieben Großeltern, die man am Wochenende besucht und die sich um einen kümmern wenn man krank ist, meine Haushälterin Anna ist meine Mama, die für mich kocht, wäscht, putzt und die vorallem immer da ist wenn man von der Arbeit kommt, die fragt wie es einem geht und was es so neues von der Arbeit gibt und meine Gastschwester Yasinta und mein Gastbruder Dunia sind die älteren Geschwister die sich um einen kümmern, die mit einem die Freizeit verbringen und mit denen man viel Spaß hat.

    Auch die anderen Familienmitglieder, die ich auf der Hochzeit von meiner ältesten Gastschwester kennen gelernt habe, sind alle nett und sympathisch.

    Das eindeutigste aber nicht unbedingt das beste Zeichen dafür. dass ich nicht mehr als Gast sondern als Familienmitglied angesehen werde, ist, dass ich nicht mehr bei jedem Besuch eine kühle Soda bekomme.

  3. Freunde: Mit meinen neuen Freunden, die ich hier kennen gelernt habe verstehe ich mich sehr gut, keine Selbstverständlichkeit. Wichtig ist mir bei meinen Freunden vor allem, dass sie mich nicht als reichen Europäer sehen, der einem ständig etwas ausgibt, sondern dass sie mich als gleichwertigen Freund ansehen.

    Einen großen Teil meiner Freizeit verbringe ich mit meinen Freunden, manchmal fahre ich einfach nur herum um zu schauen, wen man so Bekanntes trifft, manchmal unternehmen wir Touren an den Strand oder in die umliegenden Dörfer. Das tollste an diesen Touren ist, dass man ein Tansania kennen lernt, das man ohne die Hilfe von Freunden auf eigene Faust nie hätte kennen lernen können.

  4. Arbeit: Wenn man es negativ sehen will kann man sagen, ich habe auf meiner Arbeit noch gar nichts erreicht. Keine Solarpräsentationen organisiert, keinen Solarunterricht gegeben, keine Broschüren entworfen, keine Solarsysteme installiert.

    Sieht man es von einer anderen Seite kann man sagen, dass meine Arbeit bei TMF den Grundstein legt, die tansanische Kultur kennen zu lernen. Ich kann zwar nichts materielles wie zum Beispiel ein fertiges Solarsystem vorzeigen, dafür habe ich durch mein Vokabel lernen während der Arbeit die Chance bekommen, durch die Sprache einen guten Draht zu meiner Umgebung aufzubauen. Und das ist der erste Schritt zur Völkerverständigung.

    Darüber hinaus habe ich bereits mit dem Unterricht in Word und Excel begonnen sowie den Kontakt zu einer Firma aus Amerika aufgenommen, die Solarlampen verkauft und mit uns kooperieren will.

    Mit meinen Kollegen und mit meinem Chef verstehe ich mich hervorragend und es herrscht ein entspanntes Klima im Büro.

  5. Gesundheit: Bis auf eine Erkältung Anfang September und einen Besuch von ein paar Würmern in meinem Bauch Anfang November bin ich kerngesund. Ganz im Gegensatz zu Jonas, der sich im Moment gleichzeitig mit Typhus, Malaria und Würmern herumschlagen muss.


Alles in allem also ein sehr erfolgreicher Start in mein Jahr. Ich bin glücklich und bin mir sicher, dass es die richtige Entscheidung war, dieses Jahr in Angriff zu nehmen.

Dienstag, 23. November 2010

Mangos pflücken

Was tun wenn man nicht ständig total überteuerte 5 Cent für eine Mango ausgeben will?

Man muss sie sich selber pflücken!

Dabei gibt es zwei Alternativen.

Das Abwerfen: Beim Abwerfen sucht man sich auf dem Boden einen geeigneten Stein oder eine noch feste Mango und zielt auf einer der zahlreichen reifen Mangos im Baum. Jonas und ich mussten aber leider schnell feststellen, dass es ganz schön viel Übung braucht, bis man eine Mango so trifft, dass sie auch herunterfällt. Daher überlassen wir diese Methode lieber den kleinen Jungen, die das bereits machen seit sie laufen können.


Hochklettern und pflücken. Leider ist auch diese Alternative nicht wirklich was für große Weiße. Zum einen sind wir lange nicht so geschult im Bäume klettern wie die Tansanier, zum anderen sind wir (selbst ich!) ein wenig zu schwer, um in die obersten Wipfel der Bäume vorzudringen, um die dicksten und reifesten Mangos zu pflücken. 15 Meter über dem Boden kann man sich da schon mal aufhalten. Deshalb ist auch diese Methode eher was für kleine leichte Tansanier.

Richtige Selbstversorger sind wir also noch nicht geworden, doch da es beim Haus unserer Gasteltern sowohl genügend Mangos als auch kletter- und wurfbereite Kinder gibt, haben wir dennoch die Möglichkeit, auch mal Mangos um sonst zu bekommen.

Bei unserem Konsum von auch mal 5 Mangos am Tag entlastet das ganz schön das Portemonnaie, zumindest für tansanische Verhältnisse.

Montag, 22. November 2010

Chipsi Mayai

Chipsi Mayai zubereiten ist gar nicht so schwierig.

Man benötigt:

  • Einen kleinen Teller voll selbst gemachter Pommes

  • 2 Eier

  • Etwas Zwiebeln und Paprika

  • Salz

  • Fett

  • Selbstgemachte Chilisauce

  • Eine geeignete Pfanne

Die fertigen Pommes aus dem Frittierwok entnehmen und mit etwas Fett in die Pfanne tun.

Die beiden Eier verquirlen und Zwiebeln, Paprika und Salz hinzufügen.

Die Eiermasse über die Pommes gießen.

Wenn sich am Boden der Pfanne die Eiermasse verfestigt hat, die Chipsi Mayai einmal umdrehen und mit Fett begießen.

Danach nach Gefühl so oft umdrehen, bis sich auf beiden Seiten eine goldbraune Kruste gebildet hat.

Chilisauce drüber gießen und fertig ist das Chipsi Mayai. Tamu sana!

Freitag, 12. November 2010

Tierischer Besuch


Zu uns ins Büro kommen natürlich meist Kunden von TMF. Entweder wollen sie einen neuen Kredit aufnehmen, einen bestehenden Kredit zurück bezahlen oder sie sind ganz neu und wollen sich erst einmal nur über den Mikrokredit an sich informieren.

Dazu bekommen wir auch regelmäßig Besuch vom Karangamann, der uns Erdnüsse vorbeibringt. Auißerdem ist die Wachfrau, die den ganzen Tag lang vor dem Büro patrollieren muss häufig bei uns, meist um verschiedene Aufträge entgegenzunehmen. Mal soll sie Chapati holen, dann eine Portion Cassava mit Pilipili oder auch Getränke.

In den letzten Tagen bekamen wir aber verstärkt tierischen Besuch, mal um bei uns zu schlafen, mal um unseren Fahrrädern Gesellschaft zu leisten und leider einmal auch auf dem Weg zum Schlachthof.

Karneval in Kyela


Auch wenn ich hier in Tansania vor allem von der tansanischen Kultur lernen soll, verstehe ich die Völkerverständigung ganz klar auch als Kulturaustausch. Warum also nicht mal ein wenig deutsche Kultur in Tansania einfließen lassen. Und was bietet sich da besser an als Karnefval am 11.11?

Den Vormittag im Büro verbrachten Jonas und ich also damit, möglichst bunte Papierhüte zu basteln. Und um 11:11 Uhr hatten dann nicht nur Jonas und ich unseren Spaß, auch unsere Kollegen machten sich einen Spaß daraus, die verschiedenen Hüte auszuprobieren. Und die von mir spendierten „Kamelle“ wurden natürlich auch gerne angenommen.

Seinen Höhepunkt erreichte die Karnevalsfeier dann allerdings, als wir beim Chipsi essen mittags nicht Kyela FM, sondern zur Abwechslung mal die Kiswahiliausgaber der „Deutschen Welle“ hörten. Und was für ein Lied wurde eingespielt? Richtig, Viva Colonia. Jonas und ich konnten uns gar nicht mehr einkriegen und unser Gesang lockte dann auch gleich andere Freunde ein, die natürlich sofort mitschunkeln mussten.

Abends ging es dann weiter, auch Anna und eine Nachbarin von uns bekamen ihre Hüte aufgesetzt.

Danach wechselten wir dann im fliegende Wechsel das Fest, bastelten uns schnell Laternen aus Plastiktüten und gingen mit einem munteren „Ich geh mit meiner Laterne“ auf den Lippen zu den Kindern draußen, um zur Abwechslung mal von ihnen Süßigkeiten zu bekommen. Unser Bemühen war allerdings zwecklos.

Wir hatten auf jeden Fall unseren Spaß und auch den Tansaniern scheint Kanivali und Shehere ya mtakatifu Martin, so die hiesigen Übersetzungen, gar nicht so schlecht zu gefallen.

Donnerstag, 11. November 2010

Watoto Tanzania


Eigentlich ist es längst mal Zeit, über die vielen Kinder hier zu schreiben.

Tanzania ist ein wahnsinnig junges Land, Überall sieht man Kinder auf den Straßen spielen denn 7 oder mehr Kinder pro Familie sind keine Seltenheit. Ich werde hier zum Beispiel immer ungläubig angeschaut, wenn ich von meinem einzigen Bruder erzähle. Kinder gelten hier einfach immer noch ein Stück als eine Art Rentenversicherung im Alter.

Was mir bei den Kindern hier zuerst aufgefallen ist, ist deren scheinbar unerschöpfliche Energie. In den ersten 4 Wochen hier in Kyela wohnten zwei 5 Jährige Kinder bei mir mit im Haus, die Morgens um Halb 7 aufstanden und Abends um 10 Uhr ins Bett gingen. Und die ganze Zeit dazwischen verbrachten sie mit spielen, tanzen, laufen und rumkreischen. Und sie sind einfach nicht müde zu kriegen.

Gerade das Tanzen und das Gespür der Kinder für Rhytmus und Musik ist mir sehr schnell aufgefallen. Da wir einen Fernseher im Wohnzimmer stehen haben, auf dem wir fast ständig Musikvideos gucken, sind bei uns oft Kinder zu Gast, die entweder mit großen Augen vor dem Fernseher sitzen oder, was häufiger vorkommt, zu der Musik tanzen. Manchmal sieht es so aus, dass die Kinder hier bevor sie laufen können schon tanzen.

Neben dem Tanzen steht natürlich das Spielen ganz weit oben auf der Tagesordnung. Spielzeuge gibt es hier nicht, zumindest keine Spielzeuge wie in deutschen Kinderzimmern. Gespielt wird hier mit alten Reifen, mit kaputten Musikkasseten, mit alten Plastiktüten, mit Murmeln und natürlich mit Lumpenbällen bzw. Bällen aus Plastiktüten. Hier sieht man ein unglaubliches Erfindungsreichtum und eine große Fantasie der Kinder.

Und so passiert es dann auch schnell mal, dass ein 19 jähriger Freiwilliger als Klettergerüst angesehen wird. Denn dass Jonas und Ich die perfekten Spielkameraden sind, dass haben die Kinder hier sehr schnell bemerkt. Am ersten Abend waren hier alle noch sehr schüchtern und haben sich nicht getraut uns anzusprechen. Doch bereits am zweiten Abend kamen einige der Knder ineressiert näher, und als dann die ersten die Brüstung zur Veranda überquerten, war der Bann gebrochen.

Seitdem sind wir fast immer von kleinen Kinder umringt, wenn wir uns draußen auf der Veranda aufhalten.

Und auch in der Stadt oder am am Straßenrand sind wir natürlich die Attraktion schlechthin für die Kinder. Die ganz schüchternen schauen uns einfach nur mit großen erstaunten Augen an, die etwas forscheren grüßen uns auf Kiswahili mit "Shikamoo", der höflichen Anrede gegenber Älteren, die mutigen rufen "Mzungu!", die Vorlauten rufen "Good Morning Teacher" und die, die sich ganz viel zutrauen laufen neben unseren Fahrrädern her und springen sogar hinten auf den Gepäckträger auf.

Was neben dem Interesse für uns Wazungu noch auffällt ist, dass sich die Kinder hier alles Teilen. Da kann der Keks auch noch so klein sein, er wird in viele kleine Brösel zerteilt, damit alle was davon bekommen. Und selbst bei Lutschern wird darauf geachtet, dass alle Kinder gleich lange daran lutschen dürfen.

Darüber hinaus ist mir aufgefallen, dass die Kinder von ihren Eltern sehr viel Freiraum bekommen. Solange sie in Rufweite sind ist alles in Ordnung, da können sie machen was sie wollen. So haben die Kinder in meinen Augen auch schon die Fähigkeit entwickelt, Streitigkeiten selber zu lösen. Klar, hier gibt es viele Rangeleien, doch wenn es zu heftig wird, dann schreiten die anderen Kinder meist selbst ein und trennen die Sreithähne wieder voneinander. Und auch beim Teilen achten alle gleichermaßen darauf, dass niemand vergessen wird.

Natürlich liegt das daran, dass die Mütter meist keine Zeit für ihre Kinder haben, das kleinste wird noch mit auf dem Rücken genommen und ist überall dabei, doch sobald man laufen kann ist man hier auf sich allein gestellt, denn oft ist dann schon das nächste Kind da. Manchmal sieht man hier sogar, dass kleine Kinder, die bei uns noch manchmal noch von ihren Eltern getragen werden, schon bereits ihre kleinen Geschwisterchen auf dem Rücken haben.

Überhaupt ist hier zu sehen, dass die Kinder bereits früh viel Verantwortung übernehmen (müssen). Das betrifft sowohl das Aufpassen auf die kleinen Geschwisterchen als auch die Mitarbeit im Haushalt. Nicht selten trifft man kleine Kinder, die bereits große Eimer voll Wasser auf dem Kopf transportieren. Und häufig werden kleine Kinder zum Einkaufen auf den Markt geschickt, oder sogar auf die Wiese, um die Kuh nach Hause zu holen, vor der selbst ich aufgrund der doch irgendwie sehr großen Hörner ziemlich Respekt habe, der die Kinder aber ohne Probleme einen kräftigen Klaps auf den Hintern geben, damit sie vorwärts kommt.

Klar jetzt könnte man das ganze Verantwortung übernehmen und das viel Freiraum bekommen auch schlichtweg als Vernachlässigung und Ausbeutung betrachten, aber nur weil die Erziehung hier anders ist, muss sie ja nicht schlecht sein.

Zugegeben, hier sieht man auch schonmal, wie kleine Kinder geschlagen werden, vielleicht auch häufiger als in Deutschland, das kann ich schlecht beurteilen.

Und es gibt auch Kinder, die wie ich finde nicht nur in westlichen Augen sonder generell schlecht erzogen sind, die immer Streit suchen, keinen Respekt vor Älteren haben, und immer Aufmerksamkeit brauchen.

Aber viele Kinder zeigen hier auch viel Respekt, besonders vor dem Alter aber auch vor gleichaltrigen, sie teilen das wenige was sie haben und fragen brav, bevor sie sich eine Erdnuss oder ein Stück Ananas nehmen.

Man kann also auf keinen Fall behaupten, die Kinder wären hier schlecht erzogen oder würden einen vernachlässigten Eindruck machen.

Was man aber wie ich meine sagen kann ist, dass die Kinder hier sehr fröhlich und glücklich sind, was gerade bei den hier herrschenden Lebensumständen erstaunlich ist.

Aber natürlich spreche ich nicht für alle Kinder hier, sondern lediglich für die, denen ich hier begegne.

Und die begeistern mich jedes Mal wenn ich sie sehe, denn aus ihrem Tanzen und ihren Blicken sprüht geradezu die Lebensfreude. Ein wirklich toller Anblick.