Im Februar 2010 habe ich mich entschlossen, nach meinem Abitur ein Jahr lang einen Weltwärtsdienst in Tansania abzuleisten. Unterstützt von der Deutsch-Tansanischen-Partnerschaft werde ich dabei ein Jahr lang in Kyela, Südwest-Tansania verbringen und in der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Mikrokredite mit dem Schwerpunkt auf Erneuerbare Energien arbeiten.
Viel Spaß beim lesen meiner Einträge!

Samstag, 26. März 2011

Zeitungsartikel in der "NW" vom 26.03.11

KYELA/HERFORD
Solartechnik für Kyela
Wie der Weltwärts-Freiwillige Jan Kristen Prüßing in Tansania wirkt
VON JAN KRISTEN PRÜSSING

Solar-Präsentation

Kyela/Herford. Morgens 9 Uhr in Kyela, einer Kleinstadt von etwa 30.000 Einwohnern im äußersten Südwesten Tansanias. Die Sonne brennt bereits jetzt unerbittlich vom Himmel - unserer Solarpräsentation steht also nichts mehr im Weg.

Wir wollen den Menschen in der Umgebung von Kyela die Möglichkeit geben, aus Sonne Energie zu gewinnen. Wir, das sind mein Mitfreiwilliger Jonas Lage, mein Kollege Ipyana Mwangosi und ich, ein 20 Jahre alter Ex-Abiturient und aktueller Weltwärtsler aus Herford.

"Weltwärts", das ist der entwicklungspolitische Freiwilligendienst der Bundesregierung, der Jugendlichen die Chance gibt, ein Jahr lang in entwicklungspolitischen Projekten in sogenannten Entwicklungsländern zu arbeiten.

Mein Arbeitgeber dabei ist Tujijenge Microfinance, eine Mikrokreditbank, die sich auf die Vergabe von Mikrokrediten an Kleinbauern spezialisiert hat und der Jonas und ich jetzt helfen sollen, einen speziellen Mikrokredit für Solarsysteme zu vergeben.

Zu meinen Hauptaufgaben zählt Vorbereitung und Durchführung von Solarpräsentationen. Sie werden in der ländlichen Umgebung von Kyela abgehalten, zum Beispiel in Dörfern oder Schulen.

Bei so einer Präsentation stellt mein Kollege Mr. Mwangosi zuerst die Funktionsweise eines Solarsystems vor: Was macht ein Solarpanel? Wozu braucht man einen Charge Controller? Wo kommt nachts oder bei Regen die Energie her? Dann geht es um unseren speziellen Solarmikrokredit und die von uns angebotenen Solarsysteme.

Unsere Systeme reichen von einer kleinen Solarlampe mit integriertem Handyaufladegerät für 18 Euro bis hin zu einem großen 100-Watt-Fernseher-System für etwa 1.000 Euro. Gerade die kleine Solarlampe findet einen großen Absatz.

Sie deckt die beiden größten Bedürfnisse an elektrischer Energie ab - elektrisches Licht anstatt Kerzen und Petroleumlampen und eine eigene Möglichkeit zum Laden seines Handys - und ist durch einen zweimonatigen Mikrokredit mit monatlichen Raten von acht Euro auch für viele Mais- und Kakaobauern erschwinglich. Durch steigende Petroleumpreise und das Wegfallen der Kosten für das Laden von Handys lohnt sich der Kauf meist schon nach wenigen Monaten.

Wichtig bei meiner Arbeit sind mir vor allem zwei Dinge: Ich lege Wert darauf, im Hintergrund zu arbeiten. Auch wenn ich mittlerweile ausreichend gut Kiswahili spreche, liegt die Durchführung so einer Präsentation bei meinem Kollegen Mr. Ipyana: Solar soll keine Technik "von den Weißen" sein.

Außerdem werden nach dem Ende meines Freiwilligendienstes im August keine Nachfolger mehr kommen, deshalb muss die Arbeit zum großen Teil auf tansanischen Füßen stehen.

Meine Arbeit besteht aus der Vor- und Nachbereitung der Präsentationen, aus Marketing und ein wenig auch aus dem technischen Part.

Bis zu 40 Interessenten kommen bei den Präsentationen zusammen, in einer Schule hatten wir einmal sogar 400 Schüler und Lehrer als Zuhörer. Während der Veranstaltungen wird nichts verkauft, weil die Entscheidung meist noch mit der Familie abgesprochen wird. Wir schreiben dann Namen und Handynummern auf und die Interessenten kommen später zu uns ins Büro. Diesmal haben wir fünf kleine 5-Watt- und ein großes 100-Watt-System verkauft, ein 200-Watt-System ist in Planung.

Wichtig: Wir verschenken nichts. Die Menschen kaufen es, weil sie ihren Lebensstandart erhöhen wollen, sonst würden sie kein Geld dafür ausgeben. Jede verkaufte Lampe hilft einem Menschen ein bisschen, sein Leben zu verbessern. Ein schönes Gefühl.

Mittwoch, 23. März 2011

Ein neues Büro

Nachdem unsere ehemaligen Büronachbarn von Technoserve ihre EU-finanzierten dicken Geländewagen nun vor einem wahrscheinlich noch chiceren anderem Büro abstellen um damit Kakaobauern in der Umgebung Anbauratschläge zu geben haben Jonas und ich nun ein eigenes Büro: Das Solarbüro.
Es enthält eigentlich nur unsere beiden Tische, zwei Ordner und jede Menge Solarkrams.
So haben wir zum Beispiel unsere gesamten Präsentationssolarsysteme aufgebaut und ich kann jetzt auch endlich meinen Laptop über Solarenergie betreiben, nachdem der schon tot geglaubte Inverter plötzlich wieder läuft. Dem zu Präsentationszwecken leider völlig überdiminsioniertem Geschenksystem von TAREA sein dank.
Als wir einzogen stand aber nur ein Tisch in einem sonst komplett leeren Büro, sodass ich erst einmal in Ruhe meinen allmorgendlichen Kakao getrunken habe.
Im Ohr übrigens den zweiten Satz von Dvoraks Sinfonie aus der Neuen Welt. Irgendwie passend, beschreibt er doch auch eine unendliche Weite – allerdings die der amerikanischen Prärie, nicht die eines leeren tansanischen Büros.

Montag, 21. März 2011

Meine Familie

Da dachte ich die ganze Zeit, meine Familie würde erst Anfang Juni nach Tansania kommen. Doch eigentlich habe ich sie schon viel früher getroffen. Meine Mama, meine Großeltern, mein Bruder, meine Schwester. Zugegeben, es ist eine neue Mama, neue Großeltern, ein neuer (und gleich alter) Bruder und zwei neue (bisher noch gar nicht vorhandene) Schwestern.

Meine Großeltern:
Mama und Mzee Jimmy sind eigentlich meine Gasteltern, da sie aber in einem anderen Haus wohnen sind sie für mich eher wie Großeltern, die man ab und zu mal besucht. Mann wird immer gut versorgt und fühlt sich immer willkommen, es herrscht aber auch ein, dem Alter geschuldeter, Respekt, der für eine gewisse Distanz sorgt. Gerade weil ich sie nur so selten sehe würde ich sie nicht als meine Eltern bezeichnen, dennoch sind sie Teil meiner Familie


Meine Mama:
Meine Mama Anna ist eigentlich unsere Haushälterin, trotzdem ist sie für mich viel mehr meine Mama. Sie ist immer zu Hause, man kann sich zu ihr in die Küche setzen und in Ruhe über seinen Tag reden, isst abends zusammen, verlebt gemütliche Abende vor dem Fernseher zusammen, sie sorgt sich um einen, kocht super lecker und bereitet herrlichen frischen Saft zu.
Bei ihr habe ich wirklich das Gefühl zu Hause zu sein, wenn ich ihr abends gute Nacht wünsche ist es so, als würde ich meiner Mama in Deutschland gute Nacht sagen.




Mein Bruder:
Mein Gastbruder Dunia ist zwar nicht mein wirklicher Gastbruder (Eher ein neffe zweiten Grades oder so) dennoch übernimmt er hier in meinem Leben die Rolle meines Bruders. Er ist genauso alt wie ich, wohnt aber leider mittlerweile auch nicht mehr in unserem Haus. Er ist eher ruhiger, ich genieße es aber sehr mit im durch die Stadt zu fahren oder zu Hause zusammen zu sitzen. Ich löchere ihn oft mit Fragen die er mir bereitwillig und geduldig beantwortet. Sein Leben ist wirklich interessant und ich bin froh, daran teil haben zu dürfen.

Meine Schwestern:
Susan ist meine zweitjüngste Gastschwester und arbeitet als Krankenschwester in Mbeya. Sie hat im September geheiratet und bekommt bald ihr erstes Kind. Auch wenn ich seit meiner Ankunft hier in Kyela nie viel mit ihr zu tun hatte habe ich mich während des Wochenendes unglaublich wohl bei ihr zu Hause gefühlt. Sie verkörpert für mich eine moderne Tansanierin, die trotzdem nicht auf kulturelle Werte verzichtet. Sie ist glücklich mit ihrem Mann Holand verheiratet und ich verstehe mich sehr gut mit ihr.





Chichi oder Yasinta ist meine jüngste Gastschwester. Auch sie arbeitet in Mbeya als Krankenschwester. Sie lebte allerdings die ersten 3 Monate meines Jahres hier bei uns mit im Haus und war deshalb eine sehr wichtige Ansprechperson in dieser ersten Zeit. Sie hat mir das Leben hier gezeigt, mich in die Familie „eingeführt“, mir die Umgebung gezeigt und mit mir auch über Probleme in Tansania gesprochen. Sie ist ein sehr modern ausgerichteter Mensch, der sogar den Bruch mit ihrer Familie riskiert. Dabei muss man sagen dass die Familie oft der einzige und wichtigste Rückhalt eines Tansaniers ist (Vielleicht noch neben der Nachbarschaft). Sie jedoch liebt ihren Freund, der von ihren Eltern nicht akzeptiert wird und wird zur Not auch ohne die Unterstützung ihrer Eltern auskommen. Ich freue mich sehr über jeden ihrer Besuche in Kyela.

Frauen in Kyela

Bei diesem Blog wusste ich bis zuletzt nicht ob ich ihn veröffentlichen soll, denn eigentlich ist das Thema viel zu vielschichtig, um es in ein paar Worten beschreiben zu können. Ich will es trotzdem einmal versuchen.

Lebt man in einem Haushalt hier in Kyela, in dem auch eine Frau lebt, dann gehört es zu den Aufgaben der Frau zu kochen und den Fußboden zu wischen. Hier in Kyela habe ich da noch keine Ausnahme gesehen. Und auch in ganz Tansania sieht man das bestimmt sehr häufig. Doch was sagt das über das Verhältnis Mann – Frau aus?
Es ist einfach eine Art ungeschriebenes Gesetz, dass ein Mann in einem Haushalt, in dem auch seine Frau, Tochter, Schwägerin, Nichte, Mutter oder sonst wer weibliches wohnt, nicht kocht.
Ist diese Frau sehr sehr sehr krank, dann kommt eine Nachbarin oder Freundin vorbei, um für den Mann zu kochen. Ist diese Frau hochschwanger ist das noch lange kein Grund, nicht zu kochen.
Doch bedeutet das, dass Frauen hier in Kyela (Ich möchte bewusst nicht von ganz Tansania sprechen) unterdrückt werden? Dass ihnen kein Respekt entgegengebracht wird? Dass sie weniger wert sind als Männer?

Ich glaube nämlich nicht.
Es gibt ohne Zweifel eine feste Rollenverteilung – doch das hat meiner Meinung nach nichts mit Unterdrückung oder Benachteiligung zu tun.

Typisch männliche Aufgaben hier in der Umgebung von Kylea sind: Fischen, geröstete Erdnüsse verkaufen, Motorrad/Auto fahren, Fußball gucken, im Büro arbeiten, Häuser bauen, Müllabfuhr, Rasen „mähen“.
Typische weibliche Aufgaben sind: Kochen, putzen, Früchte verkaufen, Frühstück zubereiten, sich um die Kinder kümmern, „Bastmatten“ flechten.

Auch die Haushaltskasse liegt zum Beispiel oft in fester Hand der Frau. Sie verwaltet das Geld und geht einkaufen. Will ihr Mann etwas kaufen, bekommt er dafür eine Art„Taschengeld“. Eine schönes Beispiel dazu aus der Familie meiner Schwester Susie: Susie ist im Moment hochschwanger und geht im Moment nicht mehr einkaufen. Also hat sie ihren Mann losgeschickt. Der bekam dann einen festen Betrag in die Hand und den Auftrag für 500 Schilling Möhren und für 200 Schilling Paprika zu kaufen. Fertig. Als der Mann irgend was zum Techniker bringen musste, musste er erst vorher zu Susie gehen um von ihr dann Geld zu bekommen.

Oft ist also die Frau das Familienoberhaupt. Auch ich wohne im Haus von Mama Jimmy, nicht in dem von ihrem Mann Mzee Jimmy. Frauen werden alleine schon deshalb respektiert, weil ein Mann ohne sie nur schwer leben kann. Die Junggesellen unter meinen Kollegen kochen zwar selbst zu Hause, sobald sie aber heiraten werden sie sicherlich nicht mehr am Herd hocken.
Bei der Hochzeit bekommt auch die Frau Geld von der Familie des Ehemanns, nicht anders herum.

Was aber bleibt: Gibt es ein traditionelles Fest wie eine Beerdigung oder das der Vorbereitung der „Send-Off“ Party von Susie (Bei meinen Gasteltern zu Hause) sitzen die Männer und Jungen auf Stühlen, die Frauen und Mädchen auf Bastmatten auf dem Boden. Außerdem bekommen die Männer Fleisch als Beilage, die Frauen nur Gemüse. Doch das ist bis her die einzige Situation wo ich von einer Art „Benachteiligung“ von Frauen reden würde, denn Fleisch ist zum Beispiel eindeutig ein Zeichen von Wohlstand. Auch das Sitzen auf einem Stuhl wird hier als „besser“ angesehen. Auf den eigentlichen „Send-Off“ Partys war es dann aber wieder anders, dort saßen alle auf Stühlen und haben alle Fleisch bekommen.

Ganz sicherlich ein schwieriges Thema. Denn natürlich wird den Frauen irgendwie schon ein wirtschaftlicher Aufstieg verwehrt, indem sie auf geschäftlicher Ebene nicht über einen Obststand oder ein kleines Restaurant herauskommen. Ausnahmen bieten nur Frauen, die zu Hause keine Arbeit als Hausfrau haben. Und auch wenn sie gesellschaftliche durchaus gleichberechtigt sind, bekleiden sie zum Beispiel in der Politik keinerlei Führungsposition und das Parlament muss mit „Quotenfrauen“ aufgefüllt werden.

Ein schwieriges Thema, gerade um darüber in einem Blog zu schreiben.
Doch nach 7 Monaten hier in Kyela habe ich nicht den Eindruck, dass es gesellschaftliche Hirarchien gibt: Oben Mann, unten Frau. Das auf keinen Fall. Dann schon eher: Oben Alter, unten Jugend.

Mittwoch, 16. März 2011

Eine Fahrt im Dala Dala.

Ein Dala Dala ist ein Kleinbus, der das gängigste Transportmittel in Tansania ist. Für weite Entfernungen gibt es Reisebusse (Zum Beispiel Kyela-Dar es Salaam) oder vereinzelt die Eisenbahn (Mbeya-Dar es Salaam und Dar es Salaam-Mwanza/Bukoba), für kurze Entfernungen stehen Taxis, Bajajis (Dreiräder), Motorradtaxis und Fahrräder (Auf dessen Gepäckträger man Platz nehmen kann) zur Verfügung.
Will man jedoch zum Beispiel nach Mbeya reisen, nimmt man den Dala Dala.
Dala Dalas fahren ohne festen Zeitplan etwa alle 10 bis 15 Minuten aus Kyela in Richtung Mbeya ab. Es gibt die kleine Ausgabe mit etwa 13 Sitzplätzen (Erweiterbar auf bis zu 20) und die große mit etwa 30 Sitzplätzen (Auch für 40 bis 45 Leute geeignet).
Nach Mbeya fuhr ich in einer großen Variante. Rechts gibt es zwei Sitze pro Reihe, links einen, dazwischen ist ein Gang, in dem man zwischen den Sitzen Klappsitze ausklappen kann.
Mein Dala Dala hatte diese Sitze aber nicht.
In einem Dala Dala sind zwei Personen beschäftigt: Der Fahrer (Dereva) und der Schaffner (Konda, Kurzform von Kondakta). Der Schaffner steht an der Tür, sucht nach möglichen Fahrgästen, sorgt sich um das Gepäck der Leute, sagt teilweise die „Stationen“ an und nimmt das Geld entgegen: Für eine 3stündige Fahrt etwa 1,75 Euro. Da die beiden kein festes Gehalt bekommen sondern sozusagen selbstständig sind, sorgen sie dafür, dass das Dala Dala so voll wird wie möglich.
Deshalb stehen des öfteren auch schonmal Leute im Gang. Das ist eigentlich verboten und die Polizisten kontrollieren das auch an zahlreichen Straßensperren. In meinem Dala Dala war es aber zum Beispiel so, dass sich die stehenden Leute für die Zeit der Straßensperre in den Gang hockten, warteten bis der Polizist das Ok gegeben hat, und dann, kaum hatte der Polizist das Dala Dala verlassen wieder aufstanden. In Härtefällen verlässt ein Fahrgast auch schon mal kurz vor der Straßensperre das Dala, geht zu Fuß an der Sperre vorbei und steigt kurz dahinter wieder ein.
Ein „voller“ Bus hat natürlich hier nochmal eine ganz andere Bedeutung als in Deutschland. Nie werde ich wohl den netten Busfahrer aus Glücksstadt vergessen, in dessen Bus ich mit Mitfreiwilligen nach Beendigung unseres Vorbereitungsseminars gefahren bin. Wir waren etwa 12 Leute, alle hatten ihr Gepäck dabei. Und der Bus war ein verdammt großer Bus, wie man einen Bus aus Deutschland eben so kennt. In diesem Bus saßen vielleicht 10 Leute, etwa 30 Plätze waren noch frei, auch in den Gängen war genug Platz zum Stehen. Dich wir durften nicht einsteigen, wir würden „möglichen, später zusteigenen Fahrgästen“ ja den Platz wegnehmen.
Hier in Kyela gilt jedoch das Prinzip: Keiner wird zurück gelassen!
Aus drei festen Sitzen wird durch den aufgeklappten Gangplatz eine Viererreihe, die noch durch einen fünften Fahrgast ergänzt wird. Sitzt man also zu viert in einer Reihe muss man immer hoffen, dass der nächste ein kleiner Schuljunge und keine dicke Mama wird. Meist ist es aber eine dicke Mama. Der Fußraum wird durch verschiedenste Gepäckstücke, meist aber irgendwelche Säcke voll mit Reis oder Maismehl verstaut. Es kann auch schonmal passiert, dass man ein kleines Kind, ein Huhn oder eine Tüte Bananen in die Hand gedrückt bekommt weil der Besitzer gerade keine Hand frei hat.
Der restliche Raum wird mit stehenden Fahrgästen gefüllt.Immer wenn man gerade denkt: Jetzt ist es aber wirklich voll! Kommt doch noch jemand, der mit möchte.
Bei vollen Dala Dalas ist es dann immer besonders lustig zu sehen, wie der Schaffner akrobatische Verrenkungen vollführt, um von seinem Platz an der Tür irgendwie zu den letzten Reihen zu gelangen, um das Fahrgeld zu bekommen.
Will man austeigen ruft man einmal laut :Nishuke und schon haut der Schaffner zweimal lautstark an die Tür, das Signal zum anhalten oder Abfahren.
Gibt es mal eine Pause, zum Beispiel an Busbahnhöfen beim Warten auf neue Fahrgäste oder an Straßensperren, bekommt man von fliegenden Händlern alles erdenkbare am Fenster feilgeboten. Dabei gibt es oft Lokaltypische Spezialitäten.
An dem Grenzort zur Malawischen Grenze gibt es zum Beispiel fast nur Zucker und Kekse aus Malawi, eine Station weiter verkaufen Schulkinder Früchte der Saison, bis vor kurzem Mangos, jetzt Birnen. Kurz vor Tukuyu gibt es die besten und preiswertesten Bananen, kurz hinter Tukuyu kommen neben den Bananen auch noch Avocados und Ananas dazu. Außerdem gibt es geröstete und gesalzene Erdnüsse, vereinzelt Cashnewnüsse, Haushaltskram, Handyguthaben, Wasser, Süßigkeiten, Taschenlampen, Portemonnaies... wirklich eine riesige Auswahl.
Möchte man etwas kaufen ruft man den Namen des Produkts in die Menge. Meist bekommt man erst die Ware bevor man das Geld bezahlt, fährt der Bus schon ab wird das Geld auch mal gerne einfach aus dem Fenster fallen gelassen. In Härtefällen hält der Fahrer auch noch einmal an, damit Geld und Ware den Besitzer wechseln können. Für mich am Anfang überraschend war, dass man vom Bus aus die besten Preise erzielen kann, nirgendswo bekommt man zum Beispiel so günstige Bananen; deren Preis liegt teilweise bei 25% des Marktpreises aus Kyela.
Weiß man nicht genau wo man aussteigen will hilft einem der Schaffner gerne weiter und bekommt mal nicht das Rückgeld erstattet setzen sich schnell die anderen Besucher für einen ein.
Sehr schön sind auch immer die Gespräche während der Fahrt, sei es mit dem ambitionierten Pfarrer, der das Schneechaos in Europa auf die zahlreichen Sünden zurückführt, oder mit den netten Marktfrauen, die gar nicht glauben wollen, dass ich Kiswahili sprechen kann und sich hinter mir dann fragen, was ich denn wohl verstehen würde, jetzt wo ich doch schon „Shi ngapi“ gesagt habe.
Eine Dala Dala Fahrt ist also wirklich immer ein Erlebnis, gerade die Rückfahrt aus Mbeya war beeindruckend da ich den angeblich letzten Dala Dala aus Tukuyu nach Mbeya erwischt hatte und zusehen musste, wie der Schaffner und ein Freund von ihm sich mit nur einer Hand festhaltend aus der Tür hingen ließen, weil kein Platz war, die Tür zu schließen.

Dienstag, 15. März 2011

Besuch in Mbeya

Vergangenes Wochenende unternahm ich mit meinem Gastbruder Dunia eine Reise, die mir gleich mehrere Blogeinträge wert ist.
Sie führte uns am Samstag Morgen nach Mbeya, der drittgrößten Stadt Tansanias, die etwa 150 km von Kyela entfernt ist. Zwar war ich dort schon zwei mal zusammen mit Jonas, jedoch immer nur um Geld zu holen. Deshalb hatte ich bisher noch nicht mehr als den Markt, den Busbahnhof und verschiedene Banken gesehen.
Neben der Stadtbescihtigung wollte ich aber vor allem den Einladungen zweier meiner Gastschwester folgen, die in Mbeya leben. Eine von ihnen, Yasinta, wohnte die ersten 2 oder 3 Monate mit uns zusammen in unserem Haus hier in Kyela und hatte deshalb viel mit mir und Jonas zu tun. Sie half mir sehr in die Sprache und in das tansanische Leben zu finden. Sie arbeitet mittlerweile als Krankenschwester in einem Krankenhaus in Mbeya und wohnt bei meinem ältesten Gastbruder Felix.
Die andere, Susie, ist die Schwester, die im November geheiratet hat und mittlerweile hochschwanger ist. Sie arbeitet als auch als Krankenschwester, allerdings in einem Krankenhaus einem Dorf kurz vor Mbeya. Sie wohnt zusammen mit ihrem Ehemann Holand.
Dunia, der ähnlich wie Yasinta lange bei uns mit im Haus wohnte, hatte mich schon vor längerer Zeit gefragt, ob ich nicht Lust auf so eine Reise hatte, und deshalb bestiegen wie Samstagmorgens zusammen einen Bus, der uns nach Mbeya bringen sollte. Dort verbrachten wir den Samstag zu Hause bei Susie und ihrem Ehemann, schliefen dort und fuhren Sonntag weiter zu der Wohnung von Yasinta und dann zu einer weiteren Schwester, Viktoria, die auch in Mbeya wohnt.
Näheres dazu also in den nächsten Blogeinträgen.

Besuch aus Deutschland

Seit mittlerweile zwei Wochen ist hier in Kyela wirklich etwas los, denn ich treffe auf der Straße ständig Wazungu (Weiße). Das mag jetzt vielleicht komisch klingen, aber ein Weißer ist für mich mittlerweile wirklich eine Ausnahme geworden. Klar, ich sehe Jonas jeden Tag, aber das ist irgendwie etwas anderes. Und ich merke auch erst auf Fotos, wie sehr ich doch aus meinem Umfeld heraus steche, ich der alles überragende hagere Weiße. Eigentlich gibt es für mich hier in Kyela nur schwarze Leute.
Jedes Mal überrascht werde ich schon von den Albinos, die hier leben, und die natürlich noch mehr auffallen als bei uns in Deutschland. Ich habe aber auch mal gehört, dass Tansania das Land mit der höchsten Albinodichte ist.
Das alles führt also dazu, was ich immer kurz davor bin, laut „Mzungu“ zu rufen, wenn ich jemanden weißen sehe, auch wenn ich ja selber einer bin.
Doch nicht nur für mich, auch für die Kyelaner sind Weiße natürlich eine Attraktion. Es gibt einen älteren Weißen, der irgendwas mit dem Waisenhaus hier in Kyela zu tun hat, der aber nicht hier wohnt, dazu gab es 2 oder 3 Jahre lang eine kanadische Freiwillige, letztens ein ganzes Auto voll mit Weißen, zwei Engländer, die immer mal wieder auf der Straße in Kyela unterwegs sind und ab und zu mal einen Besucher bei unserem Radiosender Kyela FM oder bei den mit europäischen Mitteln geförderten Mitarbeitern von Techno Serve, einem Beraterunternehmen für Kakaobauern, die bis vor kurzem neben uns in dem Büro saßen und vor allem mit ihren brandneuen dicken Geländewagen, ihren Laptops und Blackbarrys und natürlich mit einem Beamer und einem mittlerweile kaputte (Hehe! Ein Hoch auf Solar) Generator für Aufsehen sorgen.
Außerdem gibt es noch sehr sehr selten Touristen auf dem Weg nach Matema, die eine Nacht in Kyela bleiben.
Und so wurden Jonas und ich eines Tages vor zwei Wochen aufgeregt von unseren Kollegen nach draußen gerufen, als zwei weiße Mädchen vorbei liefen.
Wie gesagt, Weiße trifft man hier nicht so oft, und deshalb schwang ich mich auf mein Fahrrad um die beiden einzuholen (Unter dem Gejohle meiner Kollegen) und sie ein wenig auszufragen.
Sie kamen dann auch noch sogar aus Deutschland (Eine, Isabelle, ist zwar Französin, spricht aber perfektes Deutsch) und studieren beide Medizin in Berlin. Nach Kyela verschlägt sie ein einmonatiges Praktikum im Krankenhaus hier.
Und da sie nun neben Jonas und mir die einzigen anderen Weißen in Kyela sind, haben wir natürlich auch gleich viel unternommen. Die tansanisch typische Einladung zu sich nach Hause zum Abendessen wurde noch gleich am ersten Tag ausgesprochen und auch eine kleine Stadt- und Marktführung durfte nicht fehlen. Dabei habe ich gemerkt, wie sehr ich mein Leben hier genieße. Denn erst wenn man anderen Leuten sein Leben hier zeigt, merkt man, was man hier alles für tolle Sachen hat und machen kann.
Außerdem konnten wir bei einem Diebstahl in ihrem Hotelzimmer vermitteln und übersetzen und haben ihnen natürlich auch gleich die besten Chipsi Mayai ganz Tansanias gezeigt.
Der Diebstahl ist mittlerweile aufgeklärt, der Dieb wurde mit Hilfe eines Art Schamanen überführt, der dem Täter einen Fluch androhte. Mittlerweile hat er das Geld erstattet und ist geflohen.
Die Gespräche mit ihnen machen wirklich viel Spaß und man sein Leben hier noch einmal besser reflektieren.
Außerdem merke ich, wie sehr ich mich schon in das tansanische Leben integriert habe, dass mir die Sonne nichts mehr anhaben kann, dass ich eine Kakerlake einfach übersehen kann, dass ich ganz natürlich erst ausführlich grüße bevor ich etwas einkaufe und dass ich auch sonst viele Sachen viel gelassener sehe.
Der Besuch zeigt mir aber auch, wie sehr ich mich auf den Besuch meiner Familie im Juni freue.

Freitag, 11. März 2011

Wetter

Während in Deutschland die ersten Krokusse blühen bleibt es hier in Kyela beim alten: Es ist Sommer. Und dabei merke ich, dass ich den Frühling schon irgendwie vermisse, dieses Gefühl des Aufbruchs, das erste Mal mit dicker Jacke auf der Terrasse in der Sonne sitzen, merken wie der Sommer näher kommt, die dunkle Jahreszeit hinter sich lassen...
Doch hier findet einfach keine Veränderung hinsichtlich der Jahreszeit statt. Es war, ist und wird heiß sein. Natürlich in Abstufungen. Aber man muss schon ein paar Monate hier verbracht haben, um diese Abstufungen überhaupt zu bemerken.

Ich glaube, es gibt da drei Stufen:
Stufe 1: Gerade aus Deutschland eingeflogen und an Temperaturen unter Null gewöhnt. Man reagiert auf die Hitze hier entsetzt, ist die ganze Zeit nur müde und erschöpft und versucht, mit luftigen Kleidern zumindest ein bisschen Abkühlung zu erhalten.
Stufe 2: Man ist bereits ein halbes Jahr hier in Kyela, hat schon heißere Tage erlebt und hat deshalb kein Problem mit dem Dresscode des Büros: Lange Hose und Schuhe. Man weiß die kühlen Morgen zu schätzen und ist froh, dass der Regen Abkühlung bringt. Trotzdem verzichtet man abends auf langarmige Sachen die einen besseren Schutz vor Mücken bieten könnten
Stufe 3: Man lebt seit Geburt in Kyela: Die (eigentlich gar nicht) kühlen Abende lassen einen frösteln und man ist froh über seine dicke Winterjacke, die man sich anziehen kann, auch morgens auf dem Weg zur Arbeit.

Jetzt ist zum Beispiel gerade Regenzeit. Aber auch hier ist es warm und doch meist sonnig. Denn der Regen fällt nur in der Nacht. Wenn es nachts viel und stark geregnet hat ist es morgens auch recht kühl. Kühl bedeutet: Wenn man mit kaltem Wasser duscht, dann fröstelt es einen ein bisschen, man kommt jedoch trotzdem nicht auf den Gedanken, sich freiwillig etwas langärmliges anzuziehen. Denn die Sonne ist ja im Moment, da ich auf der Südhalbkugel bin, am stärksten und wärmsten, und somit musste ich mich heute Morgen um halb 9 schon wieder in den Schatten verziehen, weil es mir in der Sonne echt zu heiß wurde.
Zugegeben: Bevor der Regen fiel, war ich noch öfters am schwitzen, jetzt ist die Luft angenehmer durch die vielen Regenschauer.
Dazu gibt es wirklich beeindruckende Gewitter. Der Donner ist manchmal so laut, dass selbst ich, der eigentlich keine Probleme mit Gewittern habe, froh war, meine Fenster zumachen zu können.
Wenn man bei Blitzen im dunkeln nach Hause fährt blitzt es so hell und so häufig, dass man kein Licht braucht. Und mittlerweile sieht man jeden Abend am Horizont heftige Gewitter, wo der Himmel wie eine defekte Leuchtstoffröhre vor Blitzen glüht, ohne Pause.

Doch es ist und bleibt warm. Und deshalb freue ich mich schon wieder auf meinen ersten richtigen ungemütlichen Herbsttag. Aber nur einer, danach möchte ich glaub ich wieder ins sonnige Kyela.

Donnerstag, 3. März 2011

Die weite Reise des Kakaos...

Ipande, 25 km nordwestlich von Kyela: In einem kleinen Wald voll Kakao-Bäumen werden eine Hand voll Kakaofrüchte geerntet. Sie werden aufgeschlagen, die Kerne (Samen) werden entnommen und in der Sonne zum Trocknen ausgelegt. Nach ein bis zwei Tagen in der prallen Sonne kommen sie zusammen mit vielen anderen Kakaobohnen in einen großen weißen Sack, der zum Dorfplatz geschleppt wird.
Auf dem Dorfplatz kommt ein alter klappriger LKW an, der die gesammelten Bohnen des Dorfes auf seine Lagefläche packt.

Kyela: Die Kakaobohnen werden zur Geschäftstelle von „Biolands“ gebracht, dem zentralen Aufkäufer von Kakaobohnen in der Region.

Mbeya, 210 km nordwestlich von Kyela: Alle Bohnen aus der Region Mbeya werden hier gesammelt und mit wirklich großen LKWs auf die Reise nach Dar-es-Salaam geschickt.

Dar es Salaam, etwa 1000 km nordwestlich von Kyela: Die Kakaobohnen werden auf eines der großen Containerschiffe im Hafen verladen.

Irgendwo in Europa, 7000 km entfernt von Kyela: Die Kakaobohnen werden geröstet und verarbeitet.

Düsseldorf, immer noch weit entfernt von Kyela: In einer Firma werden abgepackte kleine Tüten mit Trinkschokolade hergestellt.

Herford, immer noch weit entfernt von Kyela: Mama kauft im Supermarkt eben jene Packung mit Trinkschokolade, packt sie in ein Päckchen und schickt sie mir, wobei der Weg über den Frankfurter und den Dubaier Flughafen bis nach Dar es Salaam reicht, wo dann das Päckchen einem Bus in Richtung Kyela mitgegeben wird.

Kyela: Viele Tage nach der Kakaoernte trinke ich Morgens im Büro genüsslich meinen heißen „tansanischen“ Kakao


PS: Mittlerweile haben wir Kakao, der aus Kenia kommt. An dem Problem der oft irrsinnig weiten Wege, die Produkte aus Tansania zurücklegen bevor sie wieder hier ankommen ändert das aber natürlich nichts.
Und fairer Weise muss ich auch dazu sagen, dass ich nicht weiß, ob tansanischer Kakao überhaupt Europa sieht, oder ob er, weil nur sehr vereinzelt angebaut, nicht wirklich nur hier in Ostafrika, zum Beispiel in Malawi oder Kenia, verarbeitet wird. Aber wenn es nicht Kakao ist, dann eben Tee, Kaffee, Sisal, Baumwolle oder Tabak. Das Problem bleibt bestehen.