Im Februar 2010 habe ich mich entschlossen, nach meinem Abitur ein Jahr lang einen Weltwärtsdienst in Tansania abzuleisten. Unterstützt von der Deutsch-Tansanischen-Partnerschaft werde ich dabei ein Jahr lang in Kyela, Südwest-Tansania verbringen und in der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Mikrokredite mit dem Schwerpunkt auf Erneuerbare Energien arbeiten.
Viel Spaß beim lesen meiner Einträge!

Mittwoch, 27. Juli 2011

24 Stunden

24 Stunden Strom. Das ist schon eine ganze Menge. Zugegeben, nicht durchgehend, zweimal fiel der Strom trotzdem aus, allerdings nur für wenige Minuten. Also quasi 24 Stunden am Stück Strom. Und das ist leider meines Wissens das erste Mal seit über einem Monat hier in Kyela. Denn Strom ist im Moment eher die Ausnahme, oftmals fällt der Strom mehrmals am Tag aus und auch in der Nacht kann man nicht mehr sicher sein, dass er irgendwann noch zurück kommt. Ein große Problem also und unter vielen Leute sind die Stromausfälle das Gesprächsthema Nummer eins. So schlimm war es wohl hier in Kyela selten und schnell werden auch die Schuldigen ausfindig gemacht: Der Präsident, der Premierminister und der Energienminister, die es nicht hinbekommen, ausreichend Strom zu produzieren. Das größte Wasserkraftwerk des Landes hat einen niedrigen Pegelstand und hat deshalb kaum noch Leistung, Gaspipelines sind versprochen aber noch nicht gebaut und Steinkohle ist zwar vorhanden, wird aber nicht mehr abgebaut weil das Geld für Investitionen fehlt. Irgendwie ist alles in einem Sumpf aus Korruption, Missmanagement, einem alten anfälligen Stromnetz, ausfallenden Regenfällen und der quasi Pleite des staatlichen Stromkonzerns verstrickt.
Niemand weiß so wirklich wann es wieder besser werden soll mit dem Strom, und so gewöhnt man sich an freie Arbeits-Vormittag und dunkle Abende und Nächte in Kyela.
Aus Tanzania ist mittlerweile schon TanzaGiza geworden, giza bedeutet dunkel und auf einer Karikatur in einer tansanischen Zeitung wurde das Schwarz auf der Landesflagge schon nicht mehr als Symbol für die tansanischen Menschen sondern für die anhaltende Dunkelheit dank Stromausfalls dargestellt.
Doch alles halb so schlimm, in Matema am Nyassasee hat man anstatt den hiesigen 12 Stunden oft nur 2 Stunden Strom am Tag, was beklage ich mich eigentlich?
Heute Mittag kam der Strom übrigens nach knapp 6 Stunden wieder, vielleicht wird es ja jetzt wieder besser

Montag, 25. Juli 2011

Schule

Kleine Kinder hier in Kyela sind erstaunlich eigenständig und sind ständig in Begleitung Gleichaltriger zu sehen, von den Eltern keine Spur, lediglich ein älteres Geschwisterkind passt vielleicht auf, dass nichts passiert.
So auch Tina. Tina hat allerdings kein älteres Geschwisterkind, nur bald ein jüngeres. Doch Tina geht schon zur Vorschule, die etwa einen Kilometer von zu Hause entfernt ist. Zu Hause ist direkt neben meinem zu Hause, wir sind also quasi Nachbarn und Tina ist ein unerschrockenes Kind, das immer gerne zu uns zum Spielen kommt.
Die fast angeborene Scheu vor uns Weißen hat sie sehr schnell abgelegt.
Letztens nun fuhr ich wie immer Morgens mit meinem Fahrrad zur Arbeit, dch diesmal traf ich Tina und Mama Tina. Tina musste zur Schule und Mama Tina wollte sie begleiten. Doch eigentlich hatte sie gar keine Zeit dazu und musste wieder nach Hause, so hochschwanger wie sie ist kann man das ja auch verstehen. Als sie mich sah rief sie dann auch sofort: "Iyani, naomba lifti kwa Tina, anaenda Shule", was so viel bedeutet wie: "Jan, bitte nimm Tina mit zur Schule"
Und da mein Fahrrad über einen Gepäckträger verfügt setzte sie Tina kurzum darauf, gab ihr noch ein Kitumbua, ein frittirtes Reisbällchen, das größer war als ihre beiden kleinen Hände zusammen, mit und ging wieder nach Hause. Ich fuhr also etwas vorsichtiger als sonst die Straße weiter und ließ mich von Tina, die sich unerschrocken an meiner Hüfte festhielt, zur Schule lotsen, wo ich vorher noch nicht gewesen bin. Angekommen stieg sie ab und lief ohne ein Wort zu sagen zu ihren Freundinnen.
Wahrscheinlich ist es uncooler als gedacht von einem Mzungu zur Schule gefahren zu werden...

Rechts ist Tina

Ein letztes Mal Matema

Am vergangenen Wochenende war ich zum letzten Mal hier in Tansania in Matema, dem kleinen Fischerdorf am Nyassasee, in dem man so wunderbar Urlaub machen kann.
Ein letztes Mal am Strand liegen, die wunderbare Kulisse der Livingstonberge im Hintergrund, ein letztes Mal baden, ein letztes Mal über den "Dorfplatz", einen großen Mangobaum, schlendern, ein letztes Mal die Freiwilligen Friederike, Lulu und Nora besuchen, ein letztes Mal nachts die Fischer mit ihren Lampen auf den See herausfahren sehen, ein letztes Mal Matema-Maandazi essen, ein letztes Mal abenteuerlich auf einem Laster zurückfahren, ein letztes Mal die Strecke durch den "Urwald" mit Kakaobäumen, Palmen und Bananenstauden genießen, ein letztes Mal zufrieden und erschöpft von einer Reise in Kyela ankommen.
Und dabei auch den "Fortschritt" sehen, den Matema durchlaufen hat in diesem Jahr Bei meinen ersten Besuchen konnte man froh über einen fahrbaren Untersatz sein um nach Matema zu gelangen, mittlerweile fahren fast stündlich große bequeme Busse aus Ipinda nach Matema, am Anfang hat man noch weiße Besucher bestaunt, dieses Mal war wie so oft in letzter Zeit eine große Reisegruppe da, früher fuhr man einfach in das Dorf rein, diesmal hätte ich einen Eintritt von 5 Dollar bezahlen müssen wenn mich der Schaffner nicht gewarnt und auf dem Boden des Busses versteckt hätte.
So ändern sich die Zeiten.

Donnerstag, 21. Juli 2011

Unruhen in Malawi

Wer sich mal Kyela auf einer Landkarte angesehen hat wird feststellen, dass es quasi direkt an der Malawischen Grenze liegt. Und wenn man in den letzten Tagen was von Malawi gehört hat, dann wahrscheinlich nichts Gutes. Denn in dem Land herrschen seit Mittwoch Unruhen. Unruhen mir mehreren Toten.
Soviel vorweg: In Kyela ist es ruhig.
Doch wenn man vergleicht und sich die Leute hier mal etwas genauer anhört, dann brodelt es doch ganz schön unter der Bevölkerung. Und dabei ist Kyela ja eigentlich die Ruhe weg, wenn nicht gerade mal wieder eine Hexe gefangen wurde. Doch wo man auch hinkommt im Moment, die Menschen haben nur ein Thema: Der ausbleibende Strom und die Unfähigkeit der Politiker. Das mit dem Strom ist hier quasi der Auslöser. Seit etwa einem Monat hat sich irgendwie der Strom in Tansania ganz schön verknappt. Manche sagen, das Wasser im größten Wasserkraftwerk sei quasi alle (Kurz nach der Regenzeit?), andere sagen, das Netz wird ausgebaut und repariert. Und viele sagen mittlerweile, das liegt nur an der Unfähigkeit und Bestechlickeit der Regierung. Fakt ist: Strom ist Mangelware in letzter Zeit, hier in Kyela hat man immer häufiger Tage mit weniger als 12 Stunden Strom, ein paar Kilometer weiter in Matema war jetzt eine Woche lang jeweils für 2 Stunden der Strom da.
Wenn man nun einen Tansanier hier in Kyela trifft kommt man meist schnell auf das Thema Strom. Und dann ganz schnell auch auf die Unfähige Regierung, einen Präsidenten der seine Minister nicht im Griff hat, MInister die ihre Ministerien nicht im Griff haben, Parlamentarier die von nichts eine Ahnung haben und allgemein allen Politikern, die bestechlich sind. Große Bestechungsskandale der vergangenen Jahre werden wieder ausgegraben und neue Gerüchte über Skandale gestreut. Dazu steigen seit geraumer Zeit die Preise rasant an, Benzin ist zum Beispiel während meines Jahres hier von 1800 auf 2280 TSH gestiegen, dass sind über 25%. Dazu viele andere wichtige Dinge wie Zucker oder Kochfett (Was hier in rauen Mengen konsumiert wird).
Und das alles führt zu aufmüpfigen Gesprächen, selbst die Älteren mischen sich recht eifrig in die Gespräche ein. Und während es vor einem Jahr vor der Wahl noch meist hieß: Die CCM (Die Regierungspartei) ist unfähig aber CHADEMA (Die Opposition) schafft es, heißt es jetzt nur noch: Die CCM und die ganze Regierung ist unfähig.
Wie gesagt, noch ist es hier in Kyela ruhig. Doch jetzt ist die Malawische Grenze gesperrt, und die ist etwa 30 km entfernt. im Grenzort auf der malawischen Seite ist es schon zu Unruhen gekommen, die allgemein im Norden des Landes ihren Ursprung haben, also in Nähe zu Tansania.
Und wenn man sich Berichte auf deutschen Internetseiten zum Thema anschaut stehen da Unzufriedenheit und gestiegene Preise als Auslöser.
Und auch wenn Tansania immer viel Wert gelegt hat auf seine friedliche Vergangenheit (Noch keine größeren Unruhen oder gar Bürgerkriege seit der Unabhängigkeit) klingt es für mich plausibel wenn mein Kollege Ipyana zu mir meint: Die Unruhen werden auch hierher kommen, sie werden nach ganz Tansania kommen. Irgendwie klingen wirklich viele Leute hier nach Wandel, und nicht nur die Jugendlichen sondern auch viele Ältere.
Doch alles halb so schlimm, es gibt auch genug Gründe dafür, warum es hier ruhig bleiben sollte. Immerhin wurde wie gesagt bis jetzt jede kleine Unruhe mit dem Verweis auf Tansanias Friedfertigkeit gestoppt. Und außerdem hat Tansania gemeinsame Grenzen mit dem Kongo, Burundi und Ruanda und trotz der ganzen Unruhen in den letzten Jahren ist es hier ruhig geblieben.
Also keine macht euch keine Sorgen, ich melde mich wenn es hier was Neues gibt.

zum Thema:
http://www.tagesschau.de/ausland/malawi100.html
http://www.dw-world.de/dw/article/0,,15257166,00.html

(Die widergegeben Meinungen entsprechen nich meiner eigenen sondern wurden hier nur von mir aufgeschnappt.)

Mittwoch, 13. Juli 2011

Treffpunkte

Entlang der Hauptstraße in Kylea und natürlich auch in vielen Dörfern oder an anderen Plätzen, zum Beispiel Wegscheiden oder Kreuzungen gibt es bestimmte Treffpunkte von den Tansaniern hier in Kyela. Dort trifft man sich, trinkt Alkohol, diskutiert oder spielt Mühle.
Für so einen Treffpunkt braucht man zu aller erst Schatten, das ist das wichtigste, niemand würde sich in die pralle Sonne setzen. Deshalb trifft man sich meist unter einem Baum, häufig einem großen Mangobaum. Gibt es keinen Baum baut man sich eine Hütte, zum Beispiel aus Bambus und Plastikplanen.
Bei einem solchen Treffpunkt saß ich gestern noch nach der Arbeit. "Treffpunkt" waren drei Bänke, auf denen Männer saßen um Mühle zu spielen. Darum standen noch einige intressierte Menschen. Wenige Meter entfernt waren zwei Fahrrad"fundis" bei der Arbeit, die fleißig Fahrräder reparierten (Der eigentliche Grund meines Aufenthalts - ein Platten) Neben dem Fundi hatte sich ein Orangenverkäufer hingestellt, der geschälte Orangen verkaufte. Außerdem gab es noch einen Schuhputzer und etwas von der Straße entfernt einen etwas größeren Tante Emma Laden, in dem man alles Mögliche kaufen kann, Bohnen, Kekse, Wasser, Handyguthaben, Kerzen, Kochöl, Zahnpasta, Zwiebeln...
Ein Erdnussverkäufer kam auch noch vorbei und als es etwas später wurde baute ein Junge sein Grill auf um geröstete Cassava Wurzeln zu verkaufen.
Und wenn man dann die Augen schließt, kann man all diese Eindrücke am Besten in sich aufnehmen: Das Geräusch von aneinanderschlagenden Münzen in der Hand des Erdnussverkäufers, der Geruch von frisch geschälten Orangen, die Stimmen aufgeregter Männerstimme beim Dame spielen, der Geruch frischer Schuhcreme, das Geschrei kleiner Kinder, die um den großen schattenspendenen Baum herum fangen spielen, das Rufen der Lastenfahradfahrer, die mit ihren 100 Kilo Reis Säcken unterwegs sind, die letzten Sonnenstrahlen auf dem Gesicht, die Knistern der Kohle unter den Cassava Wurzeln, der Geruch der Goldbraunen Wurzeln... und trotz der ganzen Hektik um einen herum kommt man innerlich zur Ruhe und genießt den Moment.

Freitag, 8. Juli 2011

Saba Saba

Einer der zahlreichen tansanischen Feiertage feierten wir gestern. Den gestern war Saba Saba (Siebter Siebter). Er ähnelt im Grunde unserem Tag der Arbeit, der ja zu ehren der Arbeiter ist, nur wird er zu ehren der Kleinen Geschäftsleute und Kleinbauern gefeiert. Am Achten Achten (Nane Nane) werden dann die Großbauern gefeiert.
Da Kyela weder Industrie (1. Mai) noch weite Ackerflächen (Nane Nane) vorzuweisen hat, wird hier Saba Saba besonders groß gefeiert. Gerade bei Kindern ist dieser Feiertage besonders beliebt. Deshalb bevölkerten sie auch im großen Stil eine Straße des Marktes, die extra für sie gesperrt wurde. Auf dieser Straße bekam man dann im dichten Gedränge kleiner Kinder von Wassereis über kleinen gefüllten Teigtaschen bis hin zu Popcorn und Bonbons so gut wie alles, was ein tansanisches Kinderherz begehrt. Dazu bekamen alle schicke neue Kleidung und liefen fröhlich durch die Stadt. Die etwas Ältern begaben sich nebenan von unserem Büro zur Disko, wo sich alle besonders cool anzogen, mein Favorit war ein etwa 16jähriger Junge mit einer Schweißbrille als Sonnenbrille. Dazu gab es natürlich überall Pilau, den tansanischen Festtagsgewürzreis, der mich leider schon Mittags so sehr sättigte, dass ich weder von den vielen angebotenen Leckereien noch von einer neuen Portion Pilau am Abend probieren konnte. Die etwas älteren und vorallem reicheren gingen dann abends noch ins Sativa, einem großen Hotel hier in Kyela, in dem sich verschiedene Bongo Flava Größen angekündigt hatten.
Kein Wunder also, dass heute die meisten Mitarbeiter von TMF erst um 9 anstatt um 8 zur Arbeit erschienen...

Mittwoch, 6. Juli 2011

Zu Fuß zur Arbeit

Ein Fahrrad zu haben ist wirklich praktisch. Der Fahrtwind lässt es einem selbst in der Mittagshitze erträglich erscheinen, man kommt schnell von A nach B und kann nebenbei auch noch Gepäck oder Passagiere auf dem Gepäckträger mitnehmen. Außerdem ist es um einiges bequemer sitzend in die Stadt zu fahren als zu laufen. Die Entfernung zu meiner Arbeit ist mit dem Fahrrad in 8 Minuten zurückgelegt, zu Fuß braucht man da doch einiges länger.
Doch da Anna zur Zeit mein Fahrrad unter Beschlag genommen hat, bin ich gestern zur Fuß zur Arbeit gegangen. Und zu Fuß nimmt man alles nochmal ganz anders war.
Plötzlich wird man von nochmal gefühlt 100 mehr Leuten gegrüßt, man sieht Kleinigkeiten, die man vorher noch nicht wahrgenommen hat und fühlt sich noch wohler, weil man alles noch intensiver aufnehmen kann, die visuellen Eindrücke, die Gerüche und die Gespräche um einen herum. Da man zu Fuß auch wunderbar den Markt durchqueren kann, an dem man mit dem Fahrrad immer vorbei fährt, ist man leider auch viel schneller viel mehr Geld los. Dort einen Saft, da einen neuen Stoff und dann noch schnell zum Schneider für eine neue Hose.
Und meine erste Mango seit langem, ich dachte immerderen Zeit wäre nun endgültig vorbei und nun nur noch auf Sansibar und in Dar erhältlich.
Falsch gedacht. So kam ich nochmal in den Genuss einer erstaunlich leckeren Mango und obwohl ich viel länger von zu Hause zur Arbeit brauchte habe ich diese Wege zur Arbeit noch einmal besonders genossen, viele habe ich ja nun nicht mehr davon.

Dienstag, 5. Juli 2011

Abends bei Khalphan

So ein paar Orte gibt es hier, die werde ich auf jeden Fall vermissen, einfach weil es so etwas in Herford oder Münster oder überhaupt in Deutschland wahrscheinlich nich zu finden gibt. Ein solcher Ort ist das Chipsi Restaurant meines Freundes Khalphan. Wenn man dort Abends sitzt, sieht man so aller Hand: Die Sonne geht malerisch hinter Palmen unter, auf der Straße kommen einem große LKWs, die Busse aus Dar es Salaam, Kleinbusse aus Mbeya, Kinder, Mamas und Fahrradtransporter mit unglaublichen Sachen auf den Gepäckträgern entgegen. Wenn Strom da ist durchziehen Blitze von einem benachbarten Schweißgerät die Nacht. Khalphan steht wie jeden Abend an seiner Kochstelle, bereitet in aller Ruhe Fleischspieße, Chipsi und Chipsi Mayai zu, Freunde von ihm sitzen vor der Restaurant, unterhalten sich über alles mögliche. Von innen schallt entweder der lokale Radiosender, Bongo Flava CDs oder die Übersetzerstimme des scheinbar einzigen Übersetzters für tansanische Faki DVDs, ob sie nun aus Indien, Europa oder Amerika kommen.
Und wenn man sich dann entschließt nach Hause zu fahren sieht man den gigantischen Sternenhimmel über Kyela der mir, der ich keine Lampe am Fahrrad habe, sicher den Weg nach zurück nach Hause weist.

Sonntag, 3. Juli 2011

Familienurlaub

Heute kommen meine Eltern und mein Bruder wieder in Deutschland an und das bedeutet, dass unser Urlaub nun endgültig vorbei ist, auch wenn ich schon Mittwoch Abend wieder in Kyela war. Doch solange die drei noch auf Sansibar waren war ich natürlich immer noch involviert und versucht, ihre Reise auch vom fernen Kyela aus mit meinen erworbenen Kenntnissen der Sprache und des Landes zu unterstützen.

Wie eigentlich die ganze Zeit. Und deshalb war dieser Urlaub auch kein gewöhnlicher, nein, er war vielmehr die Gratwanderung zwischen Entspannen, Reiseleiter spielen, Probleme lösen, Alternativen suchen, Land und Leute erklären und zeigen, übersetzen und vielem mehr. Auch wenn dieser Urlaub etwas anstrengender war als gewöhnlich, bin ich unheimlich froh, dass ich ihn gemacht habe. Denn erst jetzt kann zumindest meine Familie wirklich verstehen wie es ist, hier zu leben, kann meine Berichte jetzt besser verstehen, weiß was ich hier erlebe und kann sich nun ein wirkliches eigenes Bild von Tansania (und wahrscheinlich auch Afrika) machen, auch wenn sie natürlich nur einen kleinen Teil Tansanias bereist haben (von Afrika ganz zu schweigen).

Jetzt wissen sie was es heißt, zu warten, haben gemerkt dass auch der beste Plan nicht hilft wenn die Autos nicht mitspielen, verstehen nun vielleicht dass es nicht böse gemeint ist wenn Tansanier einem nicht die Wahrheit ins Gesicht sagen und haben gemerkt, wie sehr sich Tansanier freuen, von Fremden ihre eigene Sprache zu hören. Das alles sind Erfahrungen, die unschätzbar sind und wegen denen ich hier bin. Zwar ist mir bewusst, das meine Familie in diesem Monat nur eine „Light“Version meiner ein Jahres Erfahrungen machen konnte, aber dennoch war es den teilweisen vielen Stress wert.

Unser Reiseleiter verließ uns schon am 2. Tag quasi unangekündigt und ließ uns den Rest der Reise mit unserem Fahrer und wechselnden Reiseleitern zurück, die aber alle nicht wirklich wussten was unser Plan war, sodass ich eigentlich die Person war, die alles planen musste, obwohl ich mir ja eigentlich vorher den Stress gemacht hatte, damit ich dann auf der Reise einmal Tourist sein kann.

Den Beginn unserer Reise erlebte ich ohne jedweden Mageninhalt, den ich in der Nacht zuvor gänzlich verloren hatte und weswegen ich auch Morgens noch meinen ersten Krankenhausaufenthalt hier in Tansania angetreten bin: Grund: Der plötzliche Wechsel von Reis und Ugali zu Burger, Filet und Co.

Das Auto was uns die ersten 10 Tage begleiten sollte hielt leider nicht das was es versprach sondern kam immer wieder etwa bei 60 kmh ins schlingern weil die Räder nicht ausgewuchtet waren. Die erste Fahrt fing gleich so verspätet an, dass wir die letzten 2,5 Stunden im Dunkeln auf einer Huckelpiste fahren mussten, die uns alle den Schweiß ins Gesicht trieb.

Im Ruaha Nationalpark erhielten wir nicht den gewünschten offenen Wagen sondern mussten mit dem eigentlich eindeutig kaputten Wagen vorlieb nehmen, dem mit dem schlingern, wo man zwar das Dach öffnen konnte, dafür aber in der prallen Sonne stand um die Zebras zu beobachten.

Der Höhepunkt bildeter der letzte Tag unserer Reise nach Kyela, bei dem erst unser Wagen komplett den Geist auf gab, wir auf einen anderen Wagen warten mussten, dann mit einer abenteuerlichen Abschleppseilkonstruktion und einem noch viel abenteuerlicherem Tempo abgeschleppt wurden bis dem vorderen Wagen der Sprit ausging. Der wurde dann mit dem letzten Sprit des kaputten Wagens nochmal neu aufgefüllt und er konnte uns immerhin bis nach Iringa bringen, wo bereits ein neues Auto bereit stand, was leider nach 3 Minuten den Geist aufging. Zuversichtlich bestiegen wir das vierte Auto des Tagen, dem allerdings nach 20 Minuten der Kühlwasserbehälter explodierte. So viel Pech auf einmal hat man selten. So kamen wir an dem Tag nur die 100 Km bis nach Mafinga und nicht die geplanten 500 bis nach Kyela.

Die Verspätung sorgte dann auch dafür, dass wir die geplante Fährfahrt auf dem Nyassasee verpassten. Bei der nächsten Autofahrt, diesmal im Kleinbus lief leider ein Fischeimer, der neben unserem Gepäck stand aus, sodass wir angekommen in Mbeya erst einmal unsere gesamten Klamotten waschen durften. Die Zugfahrt nach Dar es Salaam sollte erst gar nicht statt finden, dann mit 6 Stunden Verspätung aus denen am Ende 12 wurden.

Von einem normalen Urlaub, bei dem alles wie geplant klappte kann man also nicht sprechen, dennoch war es ein wundervoller Urlaub.

Alle von uns ausgesuchten Unterkünfte waren wunderschön, malerisch in den verschiedenen tansanischen Landschaften gelegen, teilweise in den grünen Hügeln am Rande des Udzungwa Regenwalds, dann direkt am Ruahafluss gelegen mit Flusspferden vor der Haustür und vorbei laufenden Giraffen, Elefanten und Gazellen und am Schluss in den Bergen des Großen Ost-Afrikanischen Grabenbruchs in Kaffeeplantagen gelegen. Überall traumhafte Plätze mit nettem zuvorkommenden Personal, tollen Sonnenuntergängen und leckerem Essen.

Dazu 3 Tage zum Ausruhen und Verweilen in Matema am Nyassasee, eine wunderbare Wanderung in den Udzungwa Mountains mit Affen und einem riesigem Wasserfall, unglaublich viele Tiere im Ruaha Nationalpark, gekrönt von einem großen Rudel Löwen, eine interessante Kaffeeplantagentour in Mbeya, einer tollen Fahrt durch unberührte Landschaften mit dem Zug nach Dar es Salaam, den vielen Halten in kleinen Dörfern wo wir Wazungu in den Fenstern von vielen kleinen Kindern bestaunt wurden und schlussendlich für mich besonders wichtig der Besuch bei mir zu Hause in Kyela, bei meiner Arbeit, bei meinem Gastvater und bei meinen Gastgeschwistern in Mbeya.


Diesen Urlaub werde ich noch lange in Erinnerung behalten.