Im Februar 2010 habe ich mich entschlossen, nach meinem Abitur ein Jahr lang einen Weltwärtsdienst in Tansania abzuleisten. Unterstützt von der Deutsch-Tansanischen-Partnerschaft werde ich dabei ein Jahr lang in Kyela, Südwest-Tansania verbringen und in der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Mikrokredite mit dem Schwerpunkt auf Erneuerbare Energien arbeiten.
Viel Spaß beim lesen meiner Einträge!

Weltwärts

Was ist das überhaupt, Weltwärts?

Weltwärts ist ein Frewilligendienst für junge Menschen, die nach der Schule ein Jahr lang Entwicklungszusammenarbeit in den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt leisten wollen. Finanziert wird er zu 75% durch das BMZ, das Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit.
Ein typisches Beschäftigungsfeld ist dabei zum Beispiel die Arbeit in Waisenhäusern, Krankenhäusern oder in der Aidsaufklärung.
Immer wichtiger wird aber auch der Bereich des Klimaschutzes sowie der Bereich des Ausbaus erneuerbarer Energien.
Junge Leute bekommen also die Gelegenheit, ein Jahr lang eine neue Kultur kennen zu lernen, eine neue Sprache zu lernen, viele tolle Erfahrungen zu sammeln, ihren Horizont zu erweitern sowie ihre Lebensweise in Deutschland kritisch zu reflektieren.
Doch was für Vorteile haben die Bewohner der sogenannten "3. Welt" davon?
Ist der Weltwärtsfreiwilligendienst überhapt Entwicklungshilfe bzw. -zusammenarbeit oder eher ein netter Jahresabendteuerurlaub für deutsche Abiturienten?

Die Hauptkritikpunkte sowie das jeweilige Statement meiner Entsendeorganisation dazu habe ich deshalb einmal für euch zusammengetragen.


Kritik 1:

„Die jungen Deutschen, die im Rahmen des Programms "weltwärts" in Entwicklungsländer geschickt werden, haben überhaupt nicht die Qualifikationen, kompetente Entwicklungsarbeit zu leisten."

Deutsch-Tansanische Partnerschaft:
Natürlich haben die Freiwilligen, die im Rahmen von "weltwärts" in Entwicklungs-länder gehen, keine Ausbildung, die mit der von professionellen Spezialisten in der Entwicklungszusammenarbeit vergleichbar ist. Trotzdem solllte man ihre Kompetenzen nicht unterschätzen: Sie haben Abitur, Fachhochschulreife oder eine abgeschlossenen Berufsausbildung, sowie gute Englisch- und Computerkenntnisse. Ausschlaggebend bei der Auswahl sind jedoch ihre Ernsthaftigkeit, Motivation und Zielgerichtetheit, die sie vermitteln müssen, um einen Entsendeplatz zu bekommen.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das Potential aus Grundkenntnissen und Einsatz-freude eine wirkungsvolle Mischung ist, um nachhaltige gemeinsame Entwicklungen auszulösen.
Die DTP bietet ein umfangreiches Vorbereitungs- und Begleitprogramm an. Zudem vermitteln wir den Freiwilligen unter Einbeziehung von RückkehrerInnen authentische Kenntnisse über Arbeit und Leben in ihren künftigen Einsatzstellen. Wir geben ihnen Gelegenheit dazu, sich mit Fragen der Entwicklungszusammenarbeit kritisch und konstruktiv auseinander zu setzen und sensibilisieren sie für den respektvollen Umgang mit der fremden Kultur.
Durch intensive und angepasste Vorbereitung und Begleitung unserer Freiwilligen bieten wir der Herausforderung, ein sinnvolles Jahr in Tansania zu verbringen, eine wirkungsvolle Grundlage.


Kritik 2:

„Wäre es da nicht sinnvoller, den normalen Entwicklungs-Etat aufzustocken und mehr Professionelle in Entwicklungsländer zu schicken, anstatt Millionen in die Entsendung unerfahrener junger Freiwilliger zu investieren?"

Deutsch-Tansanische Partnerschaft:
Die Entsendung von "weltwärts"-Freiwilligen ist kein Ersatz für die Entsendung professioneller EntwicklungszusammenarbeiterInnen sondern eine Ergänzung, die besondere Chancen für die Zukunft bietet. Es geht bei "weltwärts" nicht vorrangig um Entwicklungszusammenarbeit sondern vor allem um Grundlagen der Völkerverständigung. Die jungen Leute, die mit der DTP nach Tansania gehen, erleben ihre Erfahrungen im Einsatzland sehr intensiv und werden in der Regel davon stärker beeinflusst als ältere Menschen. Sie sprechen nach einiger Zeit fließend Kiswahili, tauchen vollkommen ein in die tansanische Kultur, gewinnen Freunde aus verschiedenen Regionen und Milieus und erhalten so Einblicke, die vielen Professionellen verwehrt bleiben. Sobald sie wieder in Deutschland sind, wirken sie in vielfältigen Zusammenhängen als MultiplikatorInnen und sorgen so für eine rege Einbindung der deutschen Zivilgesellschaft in entwicklungspolitische Fragestellungen. Durch ihr Engagement nach der Rückkehr machen die jungen Freiwilligen der DTP globale Gerechtigkeit zu einem Thema, das nicht nur ExpertInnen etwas angeht, sondern jeden und jede.


Kritik 3:

„Entwicklungsarbeit ist doch sowieso ein Fass ohne Boden. All die Millionen Spenden, die schon geflossen sind, haben nichts bewirkt - wie sollten da ausgerechnet junge Freiwillige helfen können?"

Deutsch-Tansanische Partnerschaft:
Der Standpunkt der DTP zu Methoden und Problemen der Entwicklungszusammen-arbeit sowie zu den Chancen, die speziell der Einsatz junger Freiwilliger bietet, findet sich hier.


Kritik 4:

„Wer als Freiwilliger in ein Entwicklungsland geht, will doch nur Abenteuer erleben und die Welt sehen. Der "weltwärts"-Dienst ist nichts weiter als organisierter Elendstourismus unter einem selbstlosen Etikett."

Deutsch-Tansanische Partnerschaft:
Abenteuer erleben und die Welt sehen zu wollen sind durchaus verständliche Ziele. Für ihre Erfüllung bieten Programme wie z.B. „Work & Travel" sehr gute Gelegenheiten. Doch wer sich um einen Platz bei "weltwärts" bewirbt, dem/der muß es um mehr gehen. Neben der Neugier auf eine fremde Kultur ist es eine Selbstverständlichkeit, dass in Kooperation mit TansanierInnen gemeinnützige Arbeit geleistet wird. Selbst, wenn manche der BewerberInnen den "weltwärts"-Dienst mit den gewohnten aber wenig aufgeklärten „Helfer- Vorstellungen" anfragen, liegt der DTP daran, dass nur diejenigen jungen Leute entsendet werden, die auch bereit und in der Lage sind, sich zu engagieren, von ihren GastgeberInnen zu lernen und der fremden Kultur mit Respekt zu begegnen.


Kritik 5:

„Die jungen Leute, die einen Freiwilligendienst leisten, profitieren davon selbst am meisten. Ein Jahr Dienst in einem Entwicklungsland macht sich gut im Lebenslauf. Aber ob die "weltwärtslerInnen" während ihrer Zeit in Entwicklungsländern außer sich selbst irgendjemandem geholfen haben, steht auf einem anderen Blatt."

Deutsch-Tansanische Partnerschaft:
Dass die jungen Leute, die einen "weltwärts"-Dienst leisten, davon selbst stark profitieren, steht außer Frage. Trotzdem ist ihr Engagement nicht egoistisch, denn durch ihre Arbeit in Tansania bereichern sie ihre Einsatzstellen, weil sie bereit sind ein Jahr lang intensiv mit TansanierInnen zusammen zu leben und auf dieser Basis gemeinsam neue Ideen und Projekte zu entwickeln. Sie bewirken damit kleine aber kostbare Bausteine für eine nachhaltige und an die Realität und die Möglichkeiten vor Ort angepasste Entwick-lungsschritte. Der auf den ersten Blick vielleicht bescheidene Erfolg führt jedoch zu eigenständigen Entwicklungen, die erfahrungsgemäß erst später erkennnbar werden.

Außerdem helfen die Freiwilligen nach ihrer Rückkehr nach Deutschland vielen Menschen, sich ein wirkliches Bild zu machen von den Bedingungen in Entwicklungsländern und von den Möglichkeiten, nachhaltige Entwicklungsarbeit zu leisten. Dieses Wissen wiederum hat Auswirkungen auf die Anforderungen, die die deutsche Gesellschaft an die Politik stellt, auch in Hinblick auf Entwicklungszusammenarbeit.


Kritik 6:

„Engagement zu Gunsten der Armen ist ein Privileg der Reichen. Deutsche Jugendliche aus finanzschwachen Familien können es sich doch gar nicht leisten, mit einem Programm wie "weltwärts" ein Jahr lang ins Ausland zu gehen."

Deutsch-Tansanische Partnerschaft:
Zu den Auflagen von Seiten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung (BMZ) für das "weltwärts"-Programm gehört auch, dass die Auswahl der Freiwilligen nicht von dem finanziellen Hintergrund der BewerberInnen abhängig sein darf.

Deshalb empfiehlt die DTP, wie viele andere Entsendeorganisationen, ihren Freiwilligen den Aufbau eines UnterstützerInnenkreises in Deutschland und bindet sie sehr früh in ein Fundraising Programm ein. Bei dem gesamten Fundraising-Prozess wird jede/r „Welt-wärts"-Freiwillige von der DTP mittels eines Fundraising-Leitfadens unterstützt und von einer/m Ehemaligen begleitet, die/der bei Fragen oder Problemen weiterhelfen kann, um eventuelle Benachteiligungen bei diesem Prozess vermeiden zu helfen.


Kritik 7:

„Die unerfahrenen Freiwilligen haben keine Ahnung, welche Auswirkungen ihr Handeln hat, und richten in Entwicklungsländern mehr Schaden als Nutzen an."

Deutsch-Tansanische Partnerschaft:
Wer als Weiße/r in ein Land wie Tansania geht, sollte sich bewusst sein, dass sie/er auf die Menschen, die ihm dort begegnen, eine große Wirkung haben kann. Oft hinterlässt man Eindrücke, die man nicht beabsichtigt hat, von denen man vielleicht noch nicht einmal etwas weiß.

Deshalb empfehlen wir unseren Freiwilligen, ihr eigenes Verhalten und die möglichen Reaktionen darauf zu beobachten und zu reflektieren, um zu sehen, welche Spuren sie hinterlassen. Durch das Vorbereitungs- und Begleitprogramm der DTP werden die „weltwärtslerInnen" bezüglich dieser Frage sehr stark sensibilisiert.


Kritik 8:

„Anfangs brauchen die Freiwilligen in Entwicklungsländern doch Hilfe bei allem: Sie können die Sprache nicht, sind mit der Kultur nicht vertraut und können daher kaum selbstständig arbeiten. Damit sind sie keine Hilfe, sondern nur eine Last für die Partnerorganisationen vor Ort."

Deutsch-Tansanische Partnerschaft:
Die Anfangszeit steht unter dem Vorzeichen des Lernens, nicht des Lehrens oder Helfens. Daher ist es nur normal und auch erwünscht, dass die deutschen Freiwilligen stark auf die Hilfe tansanischer PartnerInnen angewiesen sind. Ein wichtiger Nebeneffekt dieser Abhängigkeit ist, dass sie die Freiwilligen davor bewahrt, in Eigenregie und ohne Rück-sicht auf lokale Verhältnisse und die Meinungen Betroffener Projekte aufzuziehen, die sich im Nachhinein als nicht nachhaltig erweisen.
Sobald sich die Freiwilligen eingelebt und eine Vorstellung davon entwickelt haben, wie nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit aussehen könnte, ist ihr Engagement eine große Bereicherung für die Einsatzstellen.
Die von der DTP ausgewählten Organisationen mussten sich selbst darum bewerben, Freiwillige aufnehmen zu können, was sie auch taten. Daraus schließen wir, dass sie von dem Nutzen der Freiwilligen für ihre eigene Arbeit überzeugt sind.


Kritik 9:

„Durch das neue Programm "weltwärts" werden innerhalb der nächsten Jahre 10.000 Einsatzstellen aus dem Boden gestampft. Diese Menge an Freiwilligen so plötzlich aufzunehmen, ist eine Überforderung für die Aufnahmeländer und Einsatzorganisationen."

Deutsch-Tansanische Partnerschaft:
Bei der DTP entstehen keine neuen Freiwilligenplätze durch das "weltwärts"-Programm. Innerhalb von vier Jahren hat die DTP ihren Freiwilligendienst schrittweise aufgebaut, angefangen bei sechs Freiwilligen 2004 bis zu 15 Freiwilligen ab dem Jahr 2006. Diese Plätze, die bis zum Freiwilligen-Jahrgang 2007/2008 als Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) im Ausland angeboten wurden, werden für den Freiwilligen-Jahrgang 2008/2009 nun auf "weltwärts" umgestellt. Das bringt Änderungen in organisatorischer und finanzieller Hinsicht mit sich - die Arbeit, die die Freiwilligen in Tansania leisten, bleibt jedoch gleich. Und im Umgang mit diesen 15 Freiwilligen haben sowohl die DTP als auch unsere tansanischen Partnerorganisationen schon jahrelang Erfahrung. Ebenso sind viele andere Entsendeorganisationen verfahren.
Insgesamt ist mit "weltwärts" ein Rahmen geschaffen worden, in den alle positiven Erfahrungen bisheriger Entsendeorganisationen einfließen können. Diese Erfahrungen bilden nun die Grundlage für die Fortentwicklung von neuen, zusätzlichen Plätzen, wie sie der ständig steigenden Nachfrage von Jugendlichen und der Idee eines weltweiten Austausches entspricht.


Kritik 10:
„Ständig werden europäische Freiwillige in alle Welt geschickt, während die BewohnerInnen von Entwicklungsländern nie eine Chance bekommen, entwickelte Länder zu besuchen. Auf einer so einseitigen Basis kann kein wirklicher kultureller Austausch stattfinden."

Deutsch-Tansanische Partnerschaft:
Es stimmt, dass zwischen der Anzahl der Deutschen, die in Entwicklungsländer gehen, und der Zahl der jungen Leute aus Entwicklungsländern, die in entwickelten Ländern leben und lernen dürfen, ein großes Ungleichgewicht besteht. Die DTP arbeitet allerdings daran, dieses Ungleichgewicht schrittweise abzubauen. Die Ehemaligen-Organisation der DTP, FUgE (Freiwillige Unterstützungsgruppe Ehemaliger) hat in Kooperation mit dem FÖJ Schleswig-Holstein und unserer Partnerorganisation TASEA im Jahr 2008/2009 erstmals erreicht, dass zwei junge TansanierInnen ein Freiwilliges Ökologisches Jahr in Deutschland machen können. Wir hoffen, dieses Programm weiterführen und ausbauen zu können.