Im Februar 2010 habe ich mich entschlossen, nach meinem Abitur ein Jahr lang einen Weltwärtsdienst in Tansania abzuleisten. Unterstützt von der Deutsch-Tansanischen-Partnerschaft werde ich dabei ein Jahr lang in Kyela, Südwest-Tansania verbringen und in der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Mikrokredite mit dem Schwerpunkt auf Erneuerbare Energien arbeiten.
Viel Spaß beim lesen meiner Einträge!

Sonntag, 27. Februar 2011

Auf dem Dorf

Manchmal habe ich das Gefühl, das tansanische Leben mittlerweile zu kennen. Immerhin lebe ich numehr über 6 monate in Tansania, zusammen mit einer Tansanierin im Haus, zusammen mit tansanischen Freunden in meiner Freizeit und mit tansanischen Kollegen auf der Arbeit.
Doch ein kleiner Abstecher in ein Dorf in der Nähe von Kyela hat mich mal wieder eines Besseren gelehrt. Denn „das“ tansanische Leben gibt es einfach nicht. Ich weiß jetzt vielleicht, wie es ist, in einer tansanischen Kleinstadt zu leben, aber das Leben auf dem Dorf ist doch ziemlich verschieden.

Morgens um 9 klopfte es zaghaft an unserer Haustür. Jose, der Sohn von Mama Jose (Wer hätte das gedacht?) einer Freundin von Anna, kam um mich und unsere zwei Fahrräder abzuholen.
Ich war da, mein Fahrrad auch doch Jonas war leider mit seinem unterwegs, sodass ich erstmal ein weiteres Fahrrad organisieren musste.
Ein Freund konnte mir leider nicht weiter helfen, da er und seine Familie alle Fahrräder brauchten, doch in Itunge bei meinen Gasteltern wurde ich schließlich fündig und fuhr zusammen mit Jose auf dem Fahrrad meines Gastbruders zu dem Haus von Mama Jose.
Dort gab es dann für mich erstmal Kochbananen mit Fisch (Mmh, lecker, wir gerne hätte ich doch den Fisch der Katze gegeben...)bevor ich mich zusammen mit Mama Jose auf nach Ipande machte.

Ipande ist ein kleines Dorf etwa 25 Kilometer von Kyela entfernt. In dem Dorf wohnen die Eltern von Mama Jose, die wir besuchen wollten. Es gibt zwei Wege dahin, auf dem Hinweg nahmen wir den beschwerlichen durch den Wald und über kleine Wege, die zwar matschig und rutschig waren, dafür aber im Schatten lagen. Auf dem Weg dahin kamen uns immer wieder Lastenfahrräder mit vollen Kanistern entgegen, die Ulanzi vom Dorf in die Stadt brachten. Zu Ulanzi später mehr.
Ansonsten konnte man die Ruhe der Natur genießen, es ging zwischen großen Feldern und Wäldern voller Bananenstauden und Kakaobäumen hindurch, und bis auf die wenigen Leute, die uns entgegen kamen herrschte wirklich eine schöne Stille, unterbrochen nur von Vogelgezwitscher. Dazu konnte ich von Ferne den Mount Rungwe sehen, den wir letzte Woche in Tukuyu bestiegen hatten und der von weitem noch höher und steiler aussah.
Angekommen in Ipande ging es natürlich nicht sofort zu den Eltern sondern es wurde erst einmal der Bruder mit seiner Familie besucht. Natürlich gab es ein großes Hallo und wir wurden herzlich begrüßt, ich natürlich besonders. Als ich dann auch noch meine Kinyakyusa-brocken hervor holte, waren alle begeistert. Kinyakyusa ist die Sprache der Wanyakyusa, des Volksstammes der hier in der Umgebung von Kyela ansässig ist. Unter einem Volksstamm kann man sich in etwa die Basken in Europa vorstellen, es gibt eine eigene Sprache, eine eigene Kultur, eine recht starke Identifikation mit dem Stamm und andere Gemeinsamkeiten. Es hat also nichts mit dem Bild von tanzenden Afrikanern vor Strohhütten zu tun, dass man vielleicht beim Wort „Stamm“ vor Augen hat.
Zurück zur Sprache: Kinyakyusa wird in Kyela kaum gesprochen, wenn dann nur zur Begrüßung, auf den Dörfern hingegen gibt es auch noch Leute, die kein Kiswahili sprechen können.
Die Sprache an sich, zumindest die Begrüßung, das Wichtigste, ist gar nicht so schwierig, man muss nur geschickt die drei Wörter „Mugonile“, „Ndaga“ und „Tununu“ aneinanderreihen.
Und so wurde ich also meiner Sprachkenntnisse wegen bestaunt und mit Essen überschüttet. Zum Glück konnte ich zwischen Kochbananen und Ugali wählen, so dass ich nicht zwangsmäßig mit dem Maisbrei vorlieb nehmen musste. Dazu gab es köstliche frisch geerntete und gebratene Maiskolben, wirklich lecker. Und als Getränk dazu gab es nicht wie in der Stadt für Gäste üblich eine Soda (Cola, Fanta...) sondern eben jenes Ulanzi, welches die Fahrräder noch an uns vorbei zur Stadt gebracht hatten. Ulanzi ist Bambussaft, der aus frisch angeschnittenen Bambusstäben aufgefangen wird. Er ist leicht alkoholisch, schmeckt aber erfrischend.
Den Gesprächen konnte ich zwar oft – weil auf Kinyakyusa – nicht folgen, doch die Leute die da waren unterhielten sich natürlich auch mit mir und fragten mich interessiert über meine Arbeit mit Solar aus. Es war sogar auch gleich jemand dabei, ich glaube eine Cousin von Mama Jose, der uns mal im Büro besuchen wollte um näheres über unsere Systeme zu erfahren.
Gestärkt von den Maiskolben und zum Glück trotz Sonne noch nicht beschwipst vom Bambussaft ging es weiter, diesmal zum Dorfplatz.
Dort trafen wir viele viele Bekannte von Mama Jose, die natürlich alle begrüßt werden wollten. Doch auf diesem Platz wurde leider etwas zu viel Ulanzi getrunken, sodass die Dorfbewohner leider schon mittags um 2 recht angetrunken in Gruppen zusammen saßen, Musik hörten und Geschichten erzählten. Natürlich waren das nur einige wenige Dorfbewohner und natürlich wird es auch nicht in jedem Dorf so aussehen wie in Ipande, aber dennoch war der Anblick dieses zentralen Platzes nicht sehr schön. Denn ein Alkoholproblem kenne ich aus Kyela gar nicht, gerade tagsüber ist mir auf der Straße noch kein Betrunkener entgegengekommen.
Weiter ging es zu dem Haus einer Freundin, wo es leider auch recht viel Ulanzi gab, wo ich jedoch eben so herzlich willkommen geheißen wurde.
Und dann endlich, ich dachte schon, ich hätte ihre Eltern schon gesehen, fuhren wir noch ein kleines Stück bis zu dem Haus der Eltern. Die waren wirklich alt und sahen mich mit wirklich großen Augen an, vor allem als ich sie mit „Mugonile Mama, mugonile baba“ ansprach. Sehr schön. Da den Eltern nicht nur das Haus sondern auch ein sehr großes Grundstück gehörte, ging ich noch ein bisschen spazieren und durfte auch zwei Kakaofrüchte (wirklich lecker) und mehrere frisch geerntete Orangen (Noch sehr sauer) mitnehmen.
Als wir dann wieder los wollten, kam noch ein Mann mit einem Fahrrad vorbei, der auf dem Gepäckträger einen großen Sack voll mit alten Töpfen hatte. Die wollte er recyclen (lassen?), doch anstatt Mama Joses Eltern die Töpfe abzukaufen, wurden sie gegen mehrere Päckchen Salz getauscht. Auch das für mich neu, in der Stadt gibt es das nicht, und auf dem Dorf ist es auch auf keinen Fall die Regel, aber dass es überhaupt noch so ein Tauschgeschäft gibt, erstaunte mich.
Danach ging es dann zurück, die Sonne schien nicht mehr so stark vom Himmel und als wir dann endlich in Kyela ankamen, war es auch schon dunkel. Passend zu meinem „Dorftag“ war natürlich der Strom mal wieder ausgefallen.
Ein schöner, wenn auch anstrengender, Ausflug, bei dem ich ein doch irgendwie verdammt anderes Tansania kennen gelernt habe.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen