Im Februar 2010 habe ich mich entschlossen, nach meinem Abitur ein Jahr lang einen Weltwärtsdienst in Tansania abzuleisten. Unterstützt von der Deutsch-Tansanischen-Partnerschaft werde ich dabei ein Jahr lang in Kyela, Südwest-Tansania verbringen und in der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Mikrokredite mit dem Schwerpunkt auf Erneuerbare Energien arbeiten.
Viel Spaß beim lesen meiner Einträge!

Dienstag, 5. April 2011

Hexenjagd

Nun folgen zwei Artikel, die bestimmt gewisse afrikanische oder tansanische Vorurteile bekräftigen werden. Deshalb der Hinweis: Es ist nicht immer so, es ist nicht überall so und es ist nicht so, dass es so etwas in Deutschland nicht schon gegeben hätte. Zugegeben, nicht unbedingt im letzten Jahr. Aber aus einzelnen Verhaltensweisen einiger Menschen, die es in Europa vor 300 Jahren gegeben hat, und von denen wir deshalb denken, sie wären „unterentwickelt“ kann man einfach nicht schließen, dass die Tansanier „Wilde“ Menschen sind oder „uns“ in jedem Bereich 300 Jahre hinterher hängen. Vielleicht nerven diese Einleitungen, dennoch lassen sie einen vielleicht doch anders über das Thema denken.


„Schnell, rein ins Büro, packt die Solarsachen rein, schließt die Fenster: Der Mob kommt“

Das hörten wir Gestern von Chaz, meinem Kollegen bei TMF, der auf seinem Motorrad angebraust kam. Zuvor hatten wir einige Fehlzündungen von Autos gehört, die sich aber nun als Gewehrschüsse entpuppten.

„Die Menschen haben eine Hexe zur Polizei gebracht, jetzt beschützt die Polizei die Hexe und die Leute wollen sie töten!“ So sah es also aus. Und da in der Vergangenheit so eine Hexenjagd auch schon mal außer Kontrolle geraten ist, sollten wir uns nun also schnell ins Büro begeben.

Im Endeffekt ist nichts passiert, der Mob hat sich vor dem Polizeigebäude aufgelöst, was mit der Hexe passiert ist weiß ich nicht und wir konnten die Solarsachen wieder vor unser Büro legen.

Das einzige aufregende war kurz darauf eine Polizeistreife mit Kalaschnikows im Anschlag, die auf der Straße patrouillierte. Ansonsten haben wir von den angeblich 3000 aufgebrachten Menschen nichts mehr gehört.


Hexen (und auch Hexer) sind in dem Glauben vieler Tansanier (zumindest hier in Kyela) fest verankert. Sie verfluchen Menschen mit Krankheiten und oft wenn ein Kind oder ein junger Erwachsener stirbt war eine Hexe oder ein Hexer schuld. Die Gestern gefangene Hexe soll angeblich Menschen getötet und dann gegessen haben.

Wird eine Hexe entdeckt, wird sie umgehend von einer aufgebrachten Menschenmenge zur nächsten Polizeistation gebracht – wenn die oder derjenige Glück hat. Leider kommt es auch zu Steinigungen oder die Hexe wird in ihrem Haus eingesperrt und dann angezündet.

Ziehen solche Menschenmengen bei uns am Büro vorbei (Bisher erst einmal) kann man sich nie so sicher sein ob sie zu einer Beerdigungen fahren, ein Sieg ihres Fußballteams feiern oder eben eine Hexe gefasst haben – jedes Mal wird gesungen und von Jung bis Alt sind alle auf der Straße. Letztens war ich bei einer unserer Kreditgruppen auf dem Dorf, in dem auch gerade eine Hexe gefasst wurde. Der Chef der Gruppe kam 10 Minuten zu spät zum Treffen und meinte, er hätte heute noch nicht gefrühstückt und auch nichts zu Mittag gegessen, weil er die ganze Zeit mit der Hexe beschäftigt war.

Das Problem der Polizei ist, dass die Regierung Tansanias offiziell nicht an Hexen glaubt. Deshalb kann niemand verurteilt werden, weil er eine Hexe ist. Da mit der Beschuldigung, eine Hexe zu sein, aber ja auch manchmal Anschuldigungen wie Diebstahl einher gehen, versucht die Polizei, die oder denjenigen zu beschützen um es zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren kommen zu lassen.


Das finden die Leute, die die Hexe gefangen haben natürlich nicht so toll. Deshalb kam es hier gestern auch dazu, dass die Polizei Tränengas einsetzen musste (Hab ich in der Zeitung gelesen) weil sie mit Steinen beworfen wurde.

In der Vergangenheit zog dann die aufgebrachte Menge wütend durch die Stadt und beschädigte viele Geschäfte, deshalb auch die Anweisung, die Solarsachen rein zu räumen

Diesmal blieb aber alles ruhig und wir konnten auch im Dunkeln ohne Probleme und sicher nach Hause fahren.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen