Im Februar 2010 habe ich mich entschlossen, nach meinem Abitur ein Jahr lang einen Weltwärtsdienst in Tansania abzuleisten. Unterstützt von der Deutsch-Tansanischen-Partnerschaft werde ich dabei ein Jahr lang in Kyela, Südwest-Tansania verbringen und in der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Mikrokredite mit dem Schwerpunkt auf Erneuerbare Energien arbeiten.
Viel Spaß beim lesen meiner Einträge!

Mittwoch, 16. März 2011

Eine Fahrt im Dala Dala.

Ein Dala Dala ist ein Kleinbus, der das gängigste Transportmittel in Tansania ist. Für weite Entfernungen gibt es Reisebusse (Zum Beispiel Kyela-Dar es Salaam) oder vereinzelt die Eisenbahn (Mbeya-Dar es Salaam und Dar es Salaam-Mwanza/Bukoba), für kurze Entfernungen stehen Taxis, Bajajis (Dreiräder), Motorradtaxis und Fahrräder (Auf dessen Gepäckträger man Platz nehmen kann) zur Verfügung.
Will man jedoch zum Beispiel nach Mbeya reisen, nimmt man den Dala Dala.
Dala Dalas fahren ohne festen Zeitplan etwa alle 10 bis 15 Minuten aus Kyela in Richtung Mbeya ab. Es gibt die kleine Ausgabe mit etwa 13 Sitzplätzen (Erweiterbar auf bis zu 20) und die große mit etwa 30 Sitzplätzen (Auch für 40 bis 45 Leute geeignet).
Nach Mbeya fuhr ich in einer großen Variante. Rechts gibt es zwei Sitze pro Reihe, links einen, dazwischen ist ein Gang, in dem man zwischen den Sitzen Klappsitze ausklappen kann.
Mein Dala Dala hatte diese Sitze aber nicht.
In einem Dala Dala sind zwei Personen beschäftigt: Der Fahrer (Dereva) und der Schaffner (Konda, Kurzform von Kondakta). Der Schaffner steht an der Tür, sucht nach möglichen Fahrgästen, sorgt sich um das Gepäck der Leute, sagt teilweise die „Stationen“ an und nimmt das Geld entgegen: Für eine 3stündige Fahrt etwa 1,75 Euro. Da die beiden kein festes Gehalt bekommen sondern sozusagen selbstständig sind, sorgen sie dafür, dass das Dala Dala so voll wird wie möglich.
Deshalb stehen des öfteren auch schonmal Leute im Gang. Das ist eigentlich verboten und die Polizisten kontrollieren das auch an zahlreichen Straßensperren. In meinem Dala Dala war es aber zum Beispiel so, dass sich die stehenden Leute für die Zeit der Straßensperre in den Gang hockten, warteten bis der Polizist das Ok gegeben hat, und dann, kaum hatte der Polizist das Dala Dala verlassen wieder aufstanden. In Härtefällen verlässt ein Fahrgast auch schon mal kurz vor der Straßensperre das Dala, geht zu Fuß an der Sperre vorbei und steigt kurz dahinter wieder ein.
Ein „voller“ Bus hat natürlich hier nochmal eine ganz andere Bedeutung als in Deutschland. Nie werde ich wohl den netten Busfahrer aus Glücksstadt vergessen, in dessen Bus ich mit Mitfreiwilligen nach Beendigung unseres Vorbereitungsseminars gefahren bin. Wir waren etwa 12 Leute, alle hatten ihr Gepäck dabei. Und der Bus war ein verdammt großer Bus, wie man einen Bus aus Deutschland eben so kennt. In diesem Bus saßen vielleicht 10 Leute, etwa 30 Plätze waren noch frei, auch in den Gängen war genug Platz zum Stehen. Dich wir durften nicht einsteigen, wir würden „möglichen, später zusteigenen Fahrgästen“ ja den Platz wegnehmen.
Hier in Kyela gilt jedoch das Prinzip: Keiner wird zurück gelassen!
Aus drei festen Sitzen wird durch den aufgeklappten Gangplatz eine Viererreihe, die noch durch einen fünften Fahrgast ergänzt wird. Sitzt man also zu viert in einer Reihe muss man immer hoffen, dass der nächste ein kleiner Schuljunge und keine dicke Mama wird. Meist ist es aber eine dicke Mama. Der Fußraum wird durch verschiedenste Gepäckstücke, meist aber irgendwelche Säcke voll mit Reis oder Maismehl verstaut. Es kann auch schonmal passiert, dass man ein kleines Kind, ein Huhn oder eine Tüte Bananen in die Hand gedrückt bekommt weil der Besitzer gerade keine Hand frei hat.
Der restliche Raum wird mit stehenden Fahrgästen gefüllt.Immer wenn man gerade denkt: Jetzt ist es aber wirklich voll! Kommt doch noch jemand, der mit möchte.
Bei vollen Dala Dalas ist es dann immer besonders lustig zu sehen, wie der Schaffner akrobatische Verrenkungen vollführt, um von seinem Platz an der Tür irgendwie zu den letzten Reihen zu gelangen, um das Fahrgeld zu bekommen.
Will man austeigen ruft man einmal laut :Nishuke und schon haut der Schaffner zweimal lautstark an die Tür, das Signal zum anhalten oder Abfahren.
Gibt es mal eine Pause, zum Beispiel an Busbahnhöfen beim Warten auf neue Fahrgäste oder an Straßensperren, bekommt man von fliegenden Händlern alles erdenkbare am Fenster feilgeboten. Dabei gibt es oft Lokaltypische Spezialitäten.
An dem Grenzort zur Malawischen Grenze gibt es zum Beispiel fast nur Zucker und Kekse aus Malawi, eine Station weiter verkaufen Schulkinder Früchte der Saison, bis vor kurzem Mangos, jetzt Birnen. Kurz vor Tukuyu gibt es die besten und preiswertesten Bananen, kurz hinter Tukuyu kommen neben den Bananen auch noch Avocados und Ananas dazu. Außerdem gibt es geröstete und gesalzene Erdnüsse, vereinzelt Cashnewnüsse, Haushaltskram, Handyguthaben, Wasser, Süßigkeiten, Taschenlampen, Portemonnaies... wirklich eine riesige Auswahl.
Möchte man etwas kaufen ruft man den Namen des Produkts in die Menge. Meist bekommt man erst die Ware bevor man das Geld bezahlt, fährt der Bus schon ab wird das Geld auch mal gerne einfach aus dem Fenster fallen gelassen. In Härtefällen hält der Fahrer auch noch einmal an, damit Geld und Ware den Besitzer wechseln können. Für mich am Anfang überraschend war, dass man vom Bus aus die besten Preise erzielen kann, nirgendswo bekommt man zum Beispiel so günstige Bananen; deren Preis liegt teilweise bei 25% des Marktpreises aus Kyela.
Weiß man nicht genau wo man aussteigen will hilft einem der Schaffner gerne weiter und bekommt mal nicht das Rückgeld erstattet setzen sich schnell die anderen Besucher für einen ein.
Sehr schön sind auch immer die Gespräche während der Fahrt, sei es mit dem ambitionierten Pfarrer, der das Schneechaos in Europa auf die zahlreichen Sünden zurückführt, oder mit den netten Marktfrauen, die gar nicht glauben wollen, dass ich Kiswahili sprechen kann und sich hinter mir dann fragen, was ich denn wohl verstehen würde, jetzt wo ich doch schon „Shi ngapi“ gesagt habe.
Eine Dala Dala Fahrt ist also wirklich immer ein Erlebnis, gerade die Rückfahrt aus Mbeya war beeindruckend da ich den angeblich letzten Dala Dala aus Tukuyu nach Mbeya erwischt hatte und zusehen musste, wie der Schaffner und ein Freund von ihm sich mit nur einer Hand festhaltend aus der Tür hingen ließen, weil kein Platz war, die Tür zu schließen.

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