Im Februar 2010 habe ich mich entschlossen, nach meinem Abitur ein Jahr lang einen Weltwärtsdienst in Tansania abzuleisten. Unterstützt von der Deutsch-Tansanischen-Partnerschaft werde ich dabei ein Jahr lang in Kyela, Südwest-Tansania verbringen und in der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Mikrokredite mit dem Schwerpunkt auf Erneuerbare Energien arbeiten.
Viel Spaß beim lesen meiner Einträge!

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Politik in Tansania

Heute, am 14. Oktober wird hier in Tansania der Mwalimu Nyerere Tag gefeiert, der Todestags des „Lehrers“ Julius Nyerere, erster Präsident und Staatsgründer von Tansania. Diesen Tag möchte ich zum Anlass nehmen, etwas von der Politik hier in Tansania zu berichten.

Nachdem Tansania bis zum Ende des ersten Weltkrieges deutsche Kolonie war und dann von den Briten als Protektorat übernommen wurde, wurde es unter dem Namen Tanganika 1961 unabhängig und fusionierte 1963 mit Sansibar zur Vereinigten Republik Tansania.
Seit den ersten Präsidentschaftswahlen war Julius Nyerere, der als einer der ersten Tansanier die Möglichkeit hatte, in England zu studieren, Präsident von Tansania.
Und dies blieb er auch bin zum Jahre 1985, wo er freiwillig „abdankte“. Mit seiner Form des „afrikanischen Sozialismus“ führte er sein Land zwar wirtschaftlich trotz enormer Hilfen aus dem Ausland an den Rand eines Ruin, Gesellschaftlich schaffte er es aber, die vielen verschiedenen Stämme und Ethnien zu einem tansanischen Volk zu verbinden, unter anderen durch die Durchsetzung von Kiswahili als gemeinsame Landessprache.. Darüber hinaus ist Tansania meines Wissens das einzige Land Afrikas, in dem es noch zu keinem Bürgerkrieg oder ähnlichen Ausschreitungen gekommen ist, zumindest nicht auf dem Festland. Darauf sind die Tansanier immer noch ungemein Stolz und betonen immer wieder, dass Tansania ein sehr friedliches Land ist, was zum Beispiel auf Grund der quasi gleichstark vertretenen Religionen Islam und Christentum nicht gerade selbstverständlich ist. Außerdem war die Alphabetisierungsqote unter Nyerere nahezu 100 %, weil der komplette Schulbesuch um sonst war.
Dies sind die Gründe, warum die Tansanier immer noch ungemein stolz auf ihren „Lehrer“ sind, und ihm sogar diesen Feiertag gewidmet haben.

Was aber gerade in westlichen Augen nicht in das schöne Bild passt ist, dass es unter Nyerere keine Demokratie gab. Es herrschte ein Einparteiensystem, die Partei Nyereres, CCM, die Partei der Revolution, war quasi überall vertreten, gerade die Beamten wie zum Beispiel die Polizisten und Lehrer waren alle in der Partei. Wahlen gab es zwar, aber wenn Nyerere nicht 1985 selbst das Amt niedergelegt hätte, wäre er wahrscheinlich bis zu seinem Tod 1999 Präsident geblieben.
So konnte nach der Ära Nyerere eine langsamer Demokratieprozess in Gang gebracht werden.
Aber obwohl es mittlerweile einige Oppositionsparteien gibt, von denen die Chadema, die Partei des Fortschritts und der Demokratie, wohl die meisten Oppositionsstimmen auf dem Festland vereinigen kann, die Einparteienherrschaft noch so in den Köpfen der Menschen verankert, dass die CCM immer noch um die 80% der Stimmen erwarten kann, ganz ohne Manipulation, so sagen zumindest die internationalen Beobachter.
Obwohl es natürlich Manipulationen und Manipulationen gibt.

Die Regierungspartei hat natürlich Geldmittel zur Verfügung, von denen die Opposition nur träumen kann. Während hier in Kyela die Chadema lediglich ein kleines finsteres Zimmer als Büro hat, steht der CCM ein ganzer Komplex zu. Dazu fährt fast täglich der Geländewagen der CCM durch Kyela, mit lautstarker Musik und Lobliedern auf die Partei und den aktuellen Präsidenten, Jakaya Kikwete, während die Unterstützer der Chadema mit Fahrrädern Wahlkampf betreiben.
Und in den Zeitungen, die hier wirklich sehr unparteiisch sind, liest man immer wieder von Übergriffen der Polizei bei Wahlkampfveranstaltungen der Chadema. Aber gerade weil die Presse hier wirklich sehr unabhängig ist, hat man nicht das Gefühl, dass die CCM alles unterdrückt. Jedoch sieht man einfach unheimlich viele Menschen auf den Straßen mit Mützen oder T-shirts der CCM, die natürlich eine super Werbung darstellen, während man von der Chadema lediglich vereinzelt Flaggen vor den Häusern sieht.
Eigentlich also schon recht ungerechte Voraussetzungen für einen Wahlkampf auf Augenhöhe.
Da jedoch der Oppositionskandidat, Dr. Wilibrod Slaa bei den Menschen hier sehr beliebt ist, werden der Chadema bei dieser Wahl etwas bessere Chancen zugestanden.

Doch selbst wenn es hier einen fairen Wahlkampf geben würde, hat sich eine Aussage von einem Freund von mir eingeprägt der meinte: Ich werde am 31. Oktober nicht wählen gehen, es ist mir egal ob die CCM oder Chadema, Kikwete oder Slaa an der Macht ist, bei uns machen doch alle Politiker nur für sich selbst Politik und nicht für das Volk, da möchte ich sie nicht auch noch unterstützen.

Denn was festzuhalten ist: Gerade weil Tansania so ein friedliches Land wurde es in den letzten Jahre geradezu mit Hilfeleistungen überschwemmt. Die Lage mit einem großen Meerhafen Dar-es-Salaam ist perfekt und die zahlreichen Bodenschätze sollten dem Land eigentlich einen gewissen Wohlstand verschaffen können. Dazu kommt das riesige Potenzial am Tourismus.
Doch der politische Alltag wird von Korruption beherrscht und die Menschen hier bleiben arm. Die Infrastruktur ist schlecht und der Strom fällt immer mal wieder aus und ist nur für 10 Prozent der Bevölkerung zugänglich. Da helfen auch demokratische Wahlen nichts, wenn die Leute lediglich zwischen mehreren korrupten Politikern wählen können.

Doch wer weiß, vielleicht kommt ja doch einmal ein Politiker an die Macht, der mehr auf sein Volk als auf sein eigenes Konto achtet und der diese Einstellung auch gegenüber dem gesamten Staatsapparat durchsetzen kann. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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